Aktualisiert im November 2022 (Linkliste zu Studien am Ende des Textes und im Text mit Hyperlinks).
Ein paar einleitende Bemerkungen zum sogenannten „schwedischen bzw. nordischen Modell“
Das sogenannte „schwedische“ bzw. „nordische“ Modell“ ist ein Prostitutionsverbot, dessen erklärtes Ziel die Abschaffung der Prostitution ist. Die Hauptmaßnahme des „Modell“ ist die pauschale Kriminalisierung aller Kund*innen von Sexarbeitenden, unabhängig von den Arbeitsbedingungen unter denen die Sexarbeit erfolgt. Unterstützer*innen des Modells betonen, dass nicht die Prostituierten, sondern nur die Freier bestraft werden, weshalb auch von „Freierbestrafung“ oder „Sexkaufverbot“ gesprochen wird. De facto handelt es sich um ein Vergütungsverbot für Sexarbeit bzw. sexuelle Dienstleistungen. Statt bessere Bezahlung zu fordern, wird ein Bezahlverbot gefordert.
Das ist aber nicht alles. Es werden alle Akteure rund um die Prostitution und Prostituierten kriminalisiert, sprich Vermietung von Räumlichkeiten und Arbeitsorten oder andere Vermittler*innen, aber auch Kolleg*innen und private Beziehungen. De facto führt das zu einer Deregulierung des Prostitutionsmarktes, denn der Staat reguliert nicht mehr, wo wie und unter welchen Bedigungen Sexarbeit stattfindet. Stattfinden darf sie legal eigentlich nirgends mehr, was zu einer vollständigen Verlagerung ins Dunkelfeld führt.
Weil auch Norwegen und Island, inzwischen auch Nordirland, Irland und Frankreich, den Kauf von Sex verboten haben, sprechen Befürworter von einem „Nordischen“ Modell, obwohl Finland und Dänemark ein allgemeines „Sexkaufverbot“ bereits abgelehnt haben (hier finden sie ältere Beiträge zu Schweden und Norwegen). Eigentlich gibt es kein „nordisches Modell“, sagen auch Wissenschaftler*innen.
Das sogenannte „Sexkaufverbot“ wird von einer lautstarken Antiprostitutionslobby gefordert, die sich selbst mit dem Begriff „Abolitionismus“ beschreibt (in Anlehnung an den Abolitionismus, der die Abschaffung der Sklaverei forderte, wobei der Vergleich zwischen Sklaverei und Prostitution problematisch ist) und die im feministischen Diskurs auch als „Radikaler Feminismus“ bekannt ist. Sie definieren Prostitution als „Gewalt gegen Frauen“ und als patriarchale Unterdrückung par excellence. Neuerdings wird die Rhetorik des „nordischen Modells“ auch von konservativen Kräften instrumentalisiert, wobei diese unter diesem Deckmantel letztendlich ein Komplettverbot der Prostitution reinschmuggeln, wie neuerdings in Kanada oder auch im EU-Parlament.
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