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19. Juli 2013: Internationaler Protesttag gegen Gewalt und Morde an Sexarbeiter_innen

wordpress-icrse-protest-19-juliVergangene Woche erschütterten zwei Morde an Sexarbeiterinnen in Schweden und in der Türkei Sexarbeiter_innen auf der ganzen Welt. Dadurch wird nun eine erneute Debatte über Gewalt gegen Sexarbeiter_innen und über die Stigmatisierung und Diskriminierung von Sexarbeiterinnen  angeregt. Dabei geht es nicht nur um Schweden und die Türkei sondern um die prekäre rechtliche und gesellschaftliche Situation von Sexarbeiter_innen weltweit.

Eve Marie, oder Jasmine Petite, wie sie sich als Sexarbeiterin nannte, eine schwedische Sexarbeiterin, Sexarbeit-Aktivistin und Board Member der schwedischen Sex Workers‘ Rights Organisation Rose Alliance, wurde vor einigen Tagen von ihrem Ex-Ehemann brutal umgebracht. Sie lag im jahrelangen Streit um das Sorgerecht mit ihm über die gemeinsamen Kinder. Das Sorgerecht wurde durch die Behörden dem gewalttätigen Ehemann zugesprochen, da sie als Sexarbeiterin als nicht geeignet galt. Obwohl sie wiederholt versucht haben soll, Anzeige wegen häuslicher Gewalt und Übergriffen gegen ihn zu erstatten, habe man ihre Hilferufe ignoriert – sie sei ja schließlich eine Sexarbeiterin. 

Dora, eine transsexuelle Sexarbeiterin wurde in der Türkei ermordet. Berichten zufolge handelt es sich um ein weiteres, trauriges Anzeichen für die zunehmende transphobe Gewalt in der Türkei. LGBT-Organisation, darunter auch Transgender Europe, fordern einen stärkeren Eingriff gegen transphobe Gewalt, die manche mit einem „Massaker“ vergleichen.

Am Freitag werden in vielen europäischen Ländern vor der schwedischen Botschaft Protestaktionen stattfinden, da viele das schwedische Prostitutionsgesetz und die damit verbundene Stigmatisierung von Sexarbeiter_innen für den Mord an Eve Marie mitverantwortlich machen. Dieses Gesetz habe in den Augen vieler dazu geführt, dass Jasmine nicht als mündige Frau und Mutter anerkannt wurde und stattdessen wegen ihrer Tätigkeit als Sexarbeit Stigmatisierung und diskriminiert wurde.

Wir möchten uns dem Aufruf des ICRSE anschließen und Sie alle dazu einladen, sich am 19. Juli um 15 Uhr vor der Schwedischen Botschaft in Berlin einzufinden und Ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Hier geht es zur Facebook-Seite der Veranstaltung in Berlin.

Diese Aktion findet weltweit in mehrere Hauptstädten statt.

Weitere Infos: 

Justice for Jasmine

#justiceforjasmine

Rest in Peace Jasmine Research Project Korea)

End violence against sex workers. In memoriam of Jasmine and Dora

Trans woman, stabbed to death in Turkey (gaystarnews.com)

Infos zu Protestaktion auf der Seite des ICRSE:

https://www.facebook.com/events/552582234799603/

Den Aufruf von ICRSE möchten wir hier im Wortlaut wiedergeben:

ICRSE, das Internationale Komitee für die Rechte von Sexarbeiter_innen in Europa ruft alle seine Mitglieder-Organisationen, Einzelpersonen, Sexarbeiter_innen und Verbündeten auf, um zusammenzustehen und gemeinsam gegen die jüngsten Morde an Jasmine und Dora, die heftige Attacke gegen Ela und gegen Gewalt gegen Sexarbeiter_innen in Europa und weltweit zu protestieren.

GEWALT GEGEN SEXARBEITER_INNEN MUSS AUFHÖREN!

Türkei und Schweden waren in dieser Woche die Bühne von gewalttätigen Morden an Sexarbeiter_innen – aber die Gewalt ist konstant. In Italien wurden seit Anfang des Jahres drei Sexarbeiter_innen ermordet. In Frankreich wurden Kassandra und Karima ermordet bzw. begangen Selbstmord.

Wir rufen alle unsere Freunde und Familien auf, um gegen systemische transphobe Morde und Gewalt in der Türkei und weltweit zu protestieren. Dora, eine transsexuelle Sexarbeiterin wurde diese Woche getötet; Ela, eine weitere transsexuelle Sexarbeiterin angeschossen; einen ihrer Arme wird sie nicht mehr benutzen können. Dora ist das 31. transgender Opfer von gewalttätigen und tödlichen Angriffen in der Türkei seit 2008.

Wir rufen alle unsere Freunde und Familien auf, um gegen das schwedische Modell zu protestieren, das dafür sorgte, dass Jasmine die Kinder weggenommen wurden und das Sorgerecht ihrem gewalttätigen Ex-Ehemann zugesprochen wurde, der sie schließlich ermordete. Sozialarbeiter_innen und der schwedische Staat weigerten sich, Jasmine zuzuhören. Warum einer Sexarbeiterin zuhören, die nicht weiß, was gut für sie ist? Dieses kriminelle System kostete Jasmine ihr Leben.

In jedem Land, in Europa und auf der ganzen Welt, werden Sexarbeiter_innen ermordet, weil unser Leben als weniger wert angesehen wird als das anderer. Wir werden nicht als gleichberechtigte Bürger_innen angesehen und diese staatliche Diskriminierung rechtfertigt für viele das Stigma und die Gewalt, unter der wir leiden.

Es ist Zeit, NEIN zu jeglicher Gewalt gegen Sexarbeiter_innen zu sagen!
NEIN dazu, das man uns zum Schweigen bringen möchte!
NEIN zum Wegnehmen unserer Kinder!
KEINE weiteren Angriffe, Vergewaltigungen und Morde!

Am Freitag, den 19. Juli, werden in vielen Ländern auf der ganzen Welt Proteste stattfinden. Wir ermutigen ICRSE Mitglieder und alle Organisationen und Einzelpersonen Demonstrationen, Proteste und Aktionen vor türkischen, schwedischen und italienischen Botschaften oder vor anderen symbolischen Orten zu organisieren.

ICRSE wird auf der Facebook-Event-Seite stetig neue Informationen über die Proteste zur Verfügung stellen, wie z.B. eine ICRSE Pressemitteilung, Fotos, welche Ihr möglicherweise braucht usw. Wenn Ihr in irgendeiner Weise Hilfe benötigt oder Fragen habt, postet diese auf der Seite, damit andere Euch helfen können.

In Solidarität
ICRSE

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