Das Schweigen der AbolitionistInnen

Autorin: Helga Pregesbauer. Ursprünglich veröffentlicht auf wortflechte.com

Ich verfolge alle mir bekannten deutschsprachigen Medien von Abolitionistinnen seit zwei Jahren und versuche alles zu lesen, was sie veröffentlichen: Websiten, social media Beiträge, twitter, facebook, Publikationen.

Ich hatte per Mail, persönlich, via Chat und sogar per Telefon mit mindestens 30 Abolitionistinnen Gespräche. Wenn ich Gespräche auf Twitter und auf Facebook (offen mitlesebare) dazurechne kommen noch einmal 30 weitere Personen dazu. Ich habe auch von denen, die mit mir kommuniziert haben, keine einzige Antwort auf eine meiner Fragen bekommen.

Zu meiner abolitionistischen Lektüre gehören ca. zwanzig Blogs, zehn Websites, die persönlichen Einträge auf facebook von ca. zwanzig Personen und zehn Organisationen. Ich war auf jeder einzelnen mir bekannten Veranstaltung zum Thema in Wien, das waren heuer ungefähr 15 Termine. Ich wäre auf die Kofra-Konferenz gefahren, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich nicht hin darf, weil ich vorher schon von mehreren Personen gehört hatte, dass deren Anmeldung abgelehnt wurde. Leider habe ich die Anmeldung unterlassen, was ein großer Fehler war – die Ablehnung meiner Anmeldung würde ich heute gern herzeigen. Denn die ausgeladenen SexarbeiterInnen stellen sich damit keiner Öffentlichkeit, was ich sehr gut verstehe. Ich bin aber bereit, in persönlichen Gesprächen diese mir übermittelten herzuzeigen und Telefonkontakt herzustellen, den ich übrigens bereits Personen, die mich Lügen schimpften, angeboten habe. Wollten die natürlich nicht. Ich habe von einer Konferenz-Teilnehmerin erfahren, dass auf der Konferenz gesagt wurde, die „happy Sexarbeiterinnen“ wollen sie hier auf der Konferenz nicht haben. Tja, die hätten ihre Thesen ja ganz schön ins Wackeln gebracht. Die vor Ort ausgesprochene Kritik am schwedischen Modell wurde dort nach Aussage dieser Teilnehmerin „nicht ernst genommen“.

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„Die“ politische Lösung gibt es nicht. Prostitutionspolitiken im Vergleich

Bild: Steve Rhodes (Flickr); CC BY-NC-ND 2.0

Autorin: Helga Amesberger

Prostitutionspolitiken in Europa und anderswo sind hochgradig durch ideologische und moralische Haltungen geprägt. In meinem Beitrag zeichne ich die Grundlagen der verschiedenen Prostitutionsregime nach und versuche anhand dreier Länderbeispiele deren Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen von SexarbeiterInnen darzustellen.

Modelle der Regelung von Sexarbeit

Weltweit gibt es sehr unterschiedliche Wege des Umgangs mit Sexarbeit. Diese Prostitutionsregime werden meist nach deren jeweiligen primären politischen Zielorientierung klassifiziert: prohibitive, abolitionistische und regulative Regime sowie das sogenannte Sexarbeitsmodell.

Prohibitive Regime verbieten Sexarbeit generell und kriminalisieren damit SexarbeiterInnen, Freier und ZuhälterInnen. Beispiele hierfür sind Länder wie USA, Kanada und Rumänien. Es ist sowohl der Verkauf als auch der Kauf sexueller Dienstleistungen verboten. Während sich in prohibitiven Regimen alle Beteiligten strafbar machen, sind dies bei abolitionistischen Modellen nur all jene Personen, die entweder Sex kaufen oder direkt oder indirekt vom Verkauf sexueller Dienstleistungen profitieren; dies können BordellbetreiberInnen und ZuhälterInnen sein, aber ebenso Taxiunternehmen, Personen, die eine Website für SexarbeiterInnen erstellen oder potentiell auch erwachsene Kinder, die beispielsweise studieren und Unterstützung von der Mutter erhalten. Jegliche Art von Bordellbetrieben ist damit ebenfalls verboten. Das heißt, der Verkauf von sexuellen Dienstleistungen ist nicht unter Strafe gesetzt, lediglich deren Kauf sowie Dienstleistungen für SexarbeiterInnen, die die Ausübung der Prostitution ermöglichen oder fördern. Das langfristige Ziel ist die Abschaffung der Prostitution. Schweden verfolgt ein abolitionistisches Regime und ist damit Vorbild für andere europäische Staaten (aktuell etwa Frankreich).

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18. Oktober EU Tag gegen Menschenhandel – Frauenhandel: Prävention und Opferschutz ausbauen

Autor: LEFÖ. Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen (PDF)

LEFÖ„Frauenhandel ist eine Verletzung von Menschen- und Frauenrechten. Das heißt: Im Zentrum aller Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels müssen die Rechte der Betroffenen stehen“, sagt die Leiterin der Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandel (LEFÖ-IBF), Evelyn Probst. Sie ortet weiteren Handlungsbedarf beim Ausbau der Rechte der Betroffenen sowie bei Prävention und Opferschutz.

Forderungen, Sexarbeit zu verbieten, wie sie in letzter Zeit wieder laut geworden sind, sieht LEFÖ kritisch. „Ein Verbot von Sexarbeit ist keine geeignete Maßnahme zur Bekämpfung des Frauenhandels. Das stärkt die Position der Frauen nicht, im Gegenteil, das stigmatisiert und kriminalisiert sie. Außerdem ist Sexarbeit nur ein Arbeitsbereich, in den Frauen gehandelt werden; die Forderung, Sexarbeit zu verbieten, ignoriert die Situation von Frauen, die in der Hausarbeit oder der Landwirtschaft ausgebeutet werden, völlig. Egal, in welchem Arbeitsfeld Frauen ausgebeutet werden – ihnen ist nur geholfen, wenn ihre Rechte gestärkt werden.“

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Österreich: Flüchtlinge, angebliche Schlepper und ein zynischer Wahlkampf

Schlepperverdacht: Polizei durchsuchte Servitenkloster

Schlepperverdacht: Polizei durchsuchte Servitenkloster

Flüchtlinge werden gerne instrumentalisiert, gerade im Wahlkampf. So hat vergangene Woche das österreichische Innenministerium zusammen mit krone.at angebliche Zahlen und Fakten in die Welt gesetzt, die Flüchtlinge als Schlepper, d.h. als Kriminelle, brandmarken, die unglaubliche Profite erwirtschaftet hätten (die falschen Zahlen reproduzieren wir hier nicht). Diese Zahlen wurden dann von fast allen Medien übernommen – ein unkritisches Kopierverhalten, das auch in deutschen Medien beim Thema Menschenhandel sehr beliebt ist.

So werden Flüchtlinge plötzlich als Menschenhändler gebrandmarkt, die Unmengen an Geld verdienen. Die Vorwürfe wurden in diesem Fall u.a. genutzt, um acht pakistanische Flüchtlinge abzuschieben – mehr Abschiebungen sollen folgen. Flüchtlinge wurden zum Instrument des österreichischen Wahlkampfs. Weiterlesen →

Skandal im Sperrbezirk

Vergleichende Studie Prostitution Niederlande Österreich

von Anja Herberth

Eine internationale Vergleichsstudie nimmt die Prostitutionspolitik in den Niederlanden, Österreich und am Rande Schweden und ihre Folgen genauer unter die Lupe: Welchen Wirkungsgrad haben bestimmte politische Maßnahmen – mit welchem Effekt auf SexarbeiterInnen? Und haben ähnliche Maßnahmen in den verschiedenen Ländern auch einen vergleichbaren Effekt?

Die Städte Den Haag, Utrecht und Rotterdam initiierten aus diesen Fragestellungen ein Projekt, die Zusammenarbeit mit Österreich bot sich an: „Auf Grund des ähnlichen Systems und den Legalisierungstendenzen in beiden Ländern wurde Österreich als Vergleichsland herangezogen“, erklärt die Wiener Sozialwissenschafterin Helga Amesberger vom Institut für Konfliktforschung, die in Österreich die Forschungen leitete.

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Österreich: Wegweisendes Urteil im Bereich Frauenhandel – Schmerzensgeld zugesprochen

Pressemitteilung von LEFÖ, 15. November 2012. – Für die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels ist das Urteil „ein wesentlicher Schritt bei der Erlangung der Opferrechte“.

Frau A., eine 30-jährige bulgarische Staatsbürgerin, wurde über viele Jahre in der Sexarbeit ausgebeutet. Im Jahr 2007 wandte sie sich an einen Helfer, konnte so der Gewalt entkommen und in Folge Unterstützung bei LEFÖ – Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels (LEFÖ-IBF) erhalten. Weiterlesen →