menschenhandel heute.

kritische perspektiven auf die bekämpfung von menschenhandel

Wunderbar exotisch?

Werbung von Häagen-Dazs 2003

Immer wieder begegnen wir Bildern, die Schwarze Frauen als besonders lustvoll und erotisch darstellen und sie dabei von keuschen und nicht-anzüglichen Weißen Frauen abgrenzen. Besonders in der Werbung, z.B. von Häagen Dasz oder auch Astra werden diese häufig verwendet:  Das konstruierte Irrational-emotionale soll dazu anreizen, sich „exotischen“ Genüssen hinzugeben, für die doppeldeutig sowohl das beworbene Produkt als auch die Schwarze Frau stehen. Diese Darstellungen sind durch Rassismus und Sexismus, d.h. erotischen Exotismus, geprägt. 

„«Exotisch» bedeutet «ausländisch» oder «fremdländisch, überseeisch» und fand im Zeitalter der europäischen Aufklärung, des Kolonialismus und Imperialismus Eingang in die deutsche Sprache“ (Danielzik/Bendix). Laut Thomas Haug erfolgt im Exotismus eine Projektion „von allem Wünschenswerten aber Unerfüllten auf das ‚Fremde’“, d.h. es kommt zur „Bewunderung alles ‚Fremden’“. In dem hier dargestellten Zusammenhang geht es dabei speziell um die Projektion sexueller Wünsche.

Die Wurzel des erotischen Exotismus lässt sich im Kolonialismus finden. Mit der Aufklärung wurden europäische Weiße Männer als rational-aktiv im Gegensatz zur irrational-passiven Weißen Frau konstruiert. Zur selben Zeit unternahmen Weiße Europäer (sic!) „Entdeckungsreisen“ nach Asien, Afrika und Südamerika, welche sie in Form von Literatur und Malerei verarbeiteten. Hier spiegelt sich zum einen die konstruierte „Dualität von Natur / Kultur“ (Akashe-Böhme) wider – zwischen dem „zivilisierten Europa“ und der „unzivilisierten, natürlichen Neuen Welt“, die damit auch „frei von moralischem und zivilisatorischem Ballast war“ (Akashe-Böhme). Zum anderen wird in der Malerei und Literatur auch die Konstruktion der Schwarzen Frau deutlich – als triebenthemmt, sexuell zügel- und bedürfnislos (Vgl. Akashe-Böhme) im Gegensatz zur asexuellen Weißen Frau. Dieser ersten Phase der „Südseeidylle“ folgt nach Akashe-Böhme eine Phase des Orientalismus: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sich stark an arabischer Kultur orientiert; Geschichten wie die in „Tausendundeiner Nacht“ und viele Malereien aus der Zeit zeigen, wie der „Orient“ konstruiert wurde:  Die verschleierte Orientalin war entweder die  Passiv-dienende oder die Verführerische und funktionierte auch hier als Wunschprojektion Weißer Männer.

Kampagne des Antidiskriminierungsbüros Sachsen, Fotografie: Betty Pabst

Heute dagegen findet sich erotischer Exotismus neben Eis- oder anderen Werbungen vor allem im Sextourismus wieder. Akashe-Böhme schreibt dazu: „Die fremde Frau wird nun offen und marktgerecht als Handelsware feilgeboten“, indem sie wie ein Produkt aus einem Katalog ausgesucht werden kann. Ihr wird aufgrund ihrer „Fremdartigkeit“ eine bedürfnislose und zugleich zügellose, wilde Sexualität zugeschrieben. Es ist also auch hier der Weiße Blick, der Schwarze Frauen als erotisiert konstruiert.

Erotischen Exotismus gibt es allerdings nicht nur gegenüber Schwarzen Frauen, sondern auch gegenüber Schwarzen Männern. Das trifft einerseits auf den Sextourismus zu: Immer mehr Weiße Frauen reisen in den Globalen Süden, um sich mit Schwarzen Männern sexuell zu vergnügen. Sehr deutlich wird der erotische Exotismus hier in der Vorstellung, dass Schwarze Männer einen „besonders großen Penis“ hätten, welcher die ihnen zugeschriebene ungezügelte Hypersexualität symbolisiert. Andererseits posieren in der Modebranche immer häufiger (oft als lüstern stilisierte) Schwarze Männer mit Weißen Frauen, wodurch Letztere als begehrenswert konstruiert werden.

Auf den ersten Blick stereotypisiert der erotische Exotismus das „Fremde“ als positiv. Man könnte meinen, dass er dadurch das Gegenteil des alltäglichen Rassismus darstellt, der zur offenen Abwertung von Schwarzen führt. Doch letztlich ist auch Exotismus eine Form des Rassismus: Auch die positive auf Wunschprojektionen beruhende Merkmalskonstruktion, deren Ursprung im kolonialen „Entdeckertum“ liegt, ist ein „Streben nach Beherrschung“ (Danielzik/Bendix). Wie die Abwertung von Schwarzen beruht auch Exotismus auf der Zuschreibung von Weißen. So kann eine Weiße Person per se nicht exotisch sein. Das rassistische Herrschaftsverhältnis wird also unabhängig von positiver oder negativer Stereotypisierung aufrechterhalten.

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