Migration spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu begegnen. Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, die grundlegenden Menschen- Arbeits und Bürgerrechte für MigrantInnen anzuerkennen und zur Anwendung zu bringen.
Das Recht, nicht diskriminiert zu werden
Wir fordern, dass Diskriminierung und Machtmissbrauch abgeschafft werden. Insbesondere, wenn sie von der Polizei oder anderen öffentlichen Behörden ausgeübt werden.
Niemand ist dazu berechtigt, Gewalt gegen SexarbeiterInnen anzuwenden. Die Strafanzeigen von SexarbeiterInnen dürfen nicht länger als unglaubwürdig angesehen werden.
Wir fordern, dass die Straftaten, die gegen uns verübt werden, und unsere Zeugenaussagen von den Vertretern des Justizsystems ernst genommen werden. SexarbeiterInnen sollten genau wie alle anderen Personen solange als unschuldig gelten, bis die Schuld bewiesen ist.
Diffamierungen von SexarbeiterInnen stacheln zu Diskriminierung und Hass an. Wir fordern, dass SexarbeiterInnen durch Antidiskriminierungsgesetze geschützt werden.
Das Recht auf unsere Körper
Sexarbeit ist definitionsgemäß Sex in beiderseitigem Einverständnis. Sex, der ohne dieses Einverständnis stattfindet, ist keine Sexarbeit, sondern sexuelle Gewalt oder Sklaverei.
Wir fordern unser Recht als einfache Menschen ein, unsere Körper für die Dinge zu benutzen, die wir nicht als schädlich empfinden; einschließlich des Rechts, sexuelle Beziehungen im gegenseitigen Einverständnis einzugehen, unabhängig davon, welches Geschlecht unsere PartnerInnen haben oder welcher Herkunft sie sind; egal ob sie dafür bezahlen oder nicht.
Das Recht gehört zu werden
Wir fordern unser Recht auf Beteiligung an öffentlichen Diskussionen und politischen Debatten, bei denen unsere Arbeits- und Lebensbedingungen diskutiert und festgelegt werden.
Wir fordern, dass unsere Meinung angehört und respektiert wird. Unsere Erfahrungen sind verschieden, aber alle sind wertvoll, und wir verurteilen diejenigen, die uns unseres Mitspracherechts berauben, und behaupten, wir verfügten nicht über die nötigen Fähigkeiten, Entscheidungen zu treffen oder unseren Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen.
Das Recht auf Vereinsbildung und Versammlung
Wir wollen unser Recht auf Mitgliedschaft in Vereinen und Gewerkschaften und auf deren Neugründung geltend machen.
Wir wollen von unserem Demonstrationsrecht in der Öffentlichkeit Gebrauch machen können.
Wir fordern das Recht, geschäftliche Beziehungen, formelle wie informelle eingehen und in sozialen Projekten mitwirken zu können.
Das Recht auf Bewegungsfreiheit
Wir nehmen unser Recht in Anspruch, uns an allen öffentlichen Orten aufhalten zu dürfen. Wir fordern das Recht aller Personen, sich aus persönlichen oder finanziellen Gründen frei zwischen und innerhalb von Ländern bewegen zu können, auch mit dem Ziel der Erwerbstätigkeit und mit dem Recht, den Wohnort frei wählen zu können.
In der Diskussion um das Thema „Menschenhandel“ wird die Frage der Rechte von MigrantInnen nur verschleiert dargestellt. Eine derart vereinfachende Herangehensweise an ein solch komplexes Thema trägt dazu bei, dass Diskriminierung, Gewalt gegen und Ausbeutung von MigrantInnen, SexarbeiterInnen und insbesondere von SexarbeiterInnen mit Migrationshintergrund verstärkt auftreten.
Gewalt, Nötigung und Ausbeutung, die im Zusammenhang mit Migration und Sexarbeit stattfinden, müssen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Würde und die Grundrechte von MigrantInnen beurteilt und angegangen werden.
Restriktive Einwanderungs- und Anti-Prostitutionsgesetzgebungen müssen als entscheidende Faktoren erkannt werden, die dazu beitragen, dass die Rechte von MigrantInnen verletzt werden.
Zwangsarbeit und Sklaverei sind in vielen Geschäftszweigen möglich, aber wenn ein Gewerbe legal ist und die Arbeit der Angestellten Anerkennung findet, ist es eher möglich, die Verletzung ihrer Rechte anzuzeigen und zu beenden und dadurch dem Missbrauch vorzubeugen.
Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, die Menschenrechte der Opfer von Arbeitsausbeutung und Sklaverei zu schützen und in den Vordergrund zu stellen. Wie eine Person in eine derartige Situation geraten konnte, oder ob sie dazu bereit und in der Lage ist, in Strafverfahren mit der Justiz zusammenzuarbeiten und eine Zeugenaussage zu machen, sollte dabei keine Rolle spielen.
Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, Opfern von Arbeitsausbeutung und Sklaverei-Asyl zu gewähren und ihre Familien und Freunde zu unterstützen. Geschieht dies nicht, werden ihre Ausbeutung und die Verletzung ihrer grundlegensten Menschenrechte fortgesetzt.
Missbrauch im Bereich der Sexarbeit
Missbrauch kommt im Bereich der Sexarbeit vor, ist aber nicht ihr charakteristisches Merkmal.
Jeglicher Diskurs, der Sexarbeit als Gewalt definiert, ist eindimensional, leugnet deren Vielfältigkeit und unsere Erfahrungen und reduziert uns zu hilflosen Opfern. Unsere Eigenständigkeit und unser Recht auf Selbstbestimmung werden dadurch untergraben.
Restriktive Gesetzgebungen fördern Diskriminierung, Stigmatisierung und Missbrauch von SexarbeiterInnen.
Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, Sexarbeit zu entkriminalisieren und die Gesetze abzuschaffen, durch die wir diskriminiert und stigmatisiert werden. Wir fordern das Recht, die Fälle von Missbrauch, die an uns verübt werden, anzeigen zu können, ohne dabei das Risiko einzugehen, dass wir selbst strafrechtlich verfolgt werden.
SexarbeiterInnen könnten gegen Verletzungen ihrer Menschenrechte Anzeige erstatten, wenn ihnen diese Rechte eingeräumt würden.
Wir fordern vor den Personen geschützt zu werden, die uns und unsere Familien bedrohen, weil wir sie angezeigt haben.
Wir fordern Verfahren, die es uns ermöglichen, anonym zu bleiben, wenn wir Beschwerden einreichen oder Straftaten anzeigen, die an uns verübt wurden.
Missbrauch von Jugendlichen im Bereich der Sexarbeit
Es ist unbedingt notwendig, dass sich das Bildungswesen darauf konzentriert, Jugendliche in ihrer sexuellen Selbständigkeit zu bestärken. Wir fordern, dass Jugendlichen Betreuung, Beschäftigung und Zukunftsperspektiven angeboten werden, damit sie tatsächlich die Möglichkeit haben, zwischen verschiedenen Alternativen wählen zu können.
Jugendliche sollten bei den Gesetzen und in den Politikbereichen, die sie betreffen, ein Mitspracherecht haben.
Unser Leben
Was es heisst, einE SexarbeiterIn zu sein.
Die Gesellschaft zwingt SexarbeiterInnen eine „Identität“, eine „soziale Rolle“ auf, in der die Möglichkeit, dass der eigene Körper eine individuelle wirtschaftliche Resource sein kann, nicht vorkommt.
Die uns auferlegte „Identität“ und „soziale Rolle“ definiert uns als vom Wesen her unwürdig und als Bedrohung für die Moral sowie für die öffentliche und soziale Ordnung. Egal ob man uns als SünderInnen, Kriminelle oder Opfer abstempelt, die Stigmatisierung schließt uns stets aus dem Kreis der „guten“ und „anständigen“ BürgerInnen, ja sogar vom Rest der Gesellschaft aus.
Diese Stigmatisierung führt dazu, dass die Leute uns nur als „Huren“ im negativen und stereotypisierenden Sinn wahrnehmen – der Rest unseres Lebens sowie unsere Unterschiede werden dadurch ausgeblendet. Sie verweigert uns einen Platz in der Gesellschaft. Die meisten SexarbeiterInnen verheimlichen ihr Engagement in der Sexarbeit, um sich selbst zu schützen und um ihren Platz in der Gesellschaft nicht zu gefährden. Viele von ihnen verinnerlichen die gesellschaftlichen Stigmata von Scham, Schande und Unwürdigkeit und leben in der Angst, bloßgestellt zu werden. Dies erklärt, warum viele SexarbeiterInnen Übergriffe, die an ihnen verübt werden, stillschweigend über sich ergehen lassen. Die aus der Stigmatisierung resultierende gesellschaftliche Ausgrenzung von SexarbeiterInnen führt dazu, dass ihnen der Zugang zum Gesundheits- und Wohnungswesen verweigert wird, dass sie keine Arbeit in anderen Wirtschaftszweigen finden, dass sie die Trennung von ihren Kindern in Kauf nehmen müssen und der sozialen Isolation ausgeliefert sind.
Gesellschaftliche Sichtweisen drängen der Sexindustrie, zusätzlich zur Stigmatisierung und zur Ausgrenzung bestimmter Gruppen von SexarbeiterInnen, eine moralisch motivierte Hierarchie auf, die auf folgenden Kriterien beruht: MigrantInnenstatus, Rassenzugehörigkeit, ethnische Herkunft, Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung, Drogenkonsum, Arbeitsbereich und Art der angebotenen Dienstleistungen. Sogar unter SexarbeiterInnen gibt es Personen, die diesen Sichtweisen zustimmen. Wir wollen durchsetzten, dass alle SexarbeiterInnen und alle Formen von Sexarbeit gleiche Gültigkeit haben und gleichwertig sind. Wir verurteilen derartige moralistische und auf Vorurteilen beruhende Hierarchisierungen.
Wir stellen fest, dass mit diesem Stigma behaftet zu sein, alle SexarbeiterInnen miteinander verbindet, und das macht uns zu einer Interessengemeinschaft – trotz der enormen Vielfalt unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Wir haben uns zusammengetan, um zu dieser Form von Stigmatisierung und dem daraus resultierenden Unrecht eine Position zu beziehen und sie infrage zu stellen.
Wir wollen durchsetzen, dass Sexarbeit als eine wirtschaftliche Erwerbstätigkeit im Bereich der Sexindustrie verstanden wird. Sie hat als solche nicht mehr und nicht weniger Auswirkungen auf unserer Persönlichkeiten, unsere Wertesysteme oder unserer Rolle als Mitglieder der Gesellschaft als andere Berufe auch.
Aktive Staatsbürgerschaft
SexarbeiterInnen sollten nicht nur als hilfsbedürftige Opfer, VerbrecherInnen, die man einsperren muss, oder Zielgruppe für Interventionen des öffentlichen Gesundheitswesens wahrgenommen werden. Wir sind ein Teil der Gesellschaft, haben Bedürfnisse und Zukunftspläne und wir verfügen über das Potential, einen wertvollen Beitrag für unsere Gemeinschaften zu leisten.
Wir fordern, dass SexarbeiterInnen Zugang zu den gängigen politischen Entscheidungsfindungsprozessen bekommen.
Privatsphäre und Familie
Wir fordern unser Recht, von willkürlicher Einmischung in unser Privat- und Familienleben sowie in unser Recht zu heiraten und/oder eine Familie zu gründen frei zu sein.
Wir sind Menschen, die dazu imstande sind, zu lieben und uns um andere zu kümmern, wie jeder andere Mensch auch. Unsere Arbeit gibt uns manchmal mehr finanzielle Sicherheit und mehr Zeit für die Erziehung eines Kindes oder für einen Partner als es andere, mehr Zeit beanspruchende und schlechter bezahlte Arbeit könnte.
Unsere PartnerInnen werden als ZuhälterInnen und AusbeuterInnen abgestempelt, nur weil sie eine Beziehung zu einer SexarbeiterIn haben. Dadurch wird behauptet, wir seien unfähig, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und unwürdig, zu lieben oder eine Beziehung zu führen. Uns wird dadurch die Möglichkeit, ein Privatleben zu führen, verweigert.
Wir fordern unser Recht ein, persönliche Beziehungen eingehen und diese nach unseren eigenen Vorstellungen führen zu können, ohne dafür verurteilt zu werden.
Wir verlangen, dass jeglicher Form von diskriminierender Gesetzgebung ein Ende bereitet wird. Dies gilt insbesondere für Gesetze, die uns verbietet mit dem/der PartnerIn unserer Wahl zusammen zu sein und/oder diese/n zu heiraten. Aber auch für solche, die unsere PartnerInnen und Kinder kriminalisieren, nur weil diese eine Beziehung zu uns haben und von unseren Einkünften leben.
Es ist weder akzeptabel noch zu rechtfertigen, dass wir von MitarbeiterInnen sozialer Einrichtungen und der Gerichte als unfähige Eltern bezeichnet und uns unsere Kinder weggenommen werden, nur weil wir sexuelle Dienstleistungen anbieten. Durch diese Art der Stigmatisierung und durch die Angst, unsere Kinder zu verlieren, wird uns die Möglichkeit genommen, Hilfe und Unterstützung im Bezug auf Erziehungsfragen oder Probleme mit dem/r PartnerIn zu suchen, wenn wir sie brauchen.
Wir fordern, dass dieser Art von Diskriminierung ein Ende bereitet wird.
Medien und Bildung
Unsere Meinung und unsere Erfahrungen werden von den Medien oft verfälscht und wir bekommen nur selten Gelegenheit zu einer Richtigstellung. Unsere Beschwerden werden meist abgewiesen.
Die Art und Weise, wie SexarbeiterInnen in den Massenmedien dargestellt werden, sorgt allzu oft dafür, dass ein stereotypes Bild von SexarbeiterInnen aufrechterhalten wird, das diese als unwürdig, als Opfer und/oder als Bedrohung der moralischen, der öffentlichen und der gesellschaftlichen Ordnung zeigt. Ganz besonders die fremdenfeindliche Darstellung von SexarbeiterInnen mit Migrationshintergrund führt zu zusätzlicher Ausgrenzung und macht die Betroffenen angreifbarer. Derartige Darstellungen von SexarbeiterInnen dienen denjenigen in unserer Gesellschaft als Rechtfertigung, die versuchen uns Schaden zuzufügen und unsere Rechte zu verletzen,.
Abgesehen von den irreführenden Bildern von SexarbeiterInnen, die die Medien verbreiten, werden unsere KundInnen als gewälttätige, perverse oder psychisch gestörte Menschen dargestellt. Für sexuelle Dienstleistungen zu bezahlen, ist an sich kein gewalttätiges oder problematisches Verhalten. Solche Stereotypisierungen verhindern aber die Diskussion über die eigentliche Realität in der Sexindustrie, sie erhalten unsere Isolation aufrecht und verschleiern das tatsächlich gewalttätige und problematische Verhalten einer kleinen, aber nicht zu vernachlässigenden Anzahl von KundInnen.
Diskriminierung und Vorurteile gegenüber SexarbeiterInnen durchziehen unsere gesamte Gesellschaft. Um daran etwas zu ändern, fordern wir von unseren Regierungen, dass sie das uns immer wieder zugefügte Leid wahrnehmen und den Wert unserer Arbeit anerkennen, dass sie uns und unsere KundInnen dabei unterstützen, nicht nur die Angestellten in den Behörden sondern auch die breite Öffentlichkeit aufzuklären und zu informieren, damit wir in vollem Umfang am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Bekämpfung von Gewalt gegen SexarbeiterInnen
SexarbeiterInnen erfahren in ungewöhnlich hohem Maße Gewalt und Verbrechen. Die Stigmatisierung von SexarbeiterInnen hat dazu geführt, dass die Gewalt und die Verbrechen, die an uns verübt werden, von der Gesellschaft und den Behörden nicht beachtet werden, weil sie als charakteristischer Bestandteil unserer Arbeit angesehen werden.
Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, die Gewalttaten, die an SexarbeiterInnen verübt werden, als Verbrechen anzuerkennen, egal ob sie von unseren KundInnen, unseren ManagerInnen, unseren PartnerInnen, NachbarInnen oder von StaatsbeamtInnen verübt werden.
Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, diejenigen, die Gewalt an uns verüben, öffentlich zu verurteilen.
Wir fordern von unseren Regierungen, dass sie Maßnahmen ergreifen, die die von uns erfahrene Gewalt bekämpfen. Bisher wurde stattdessen nur gegen die allgemein wahrgenommene Prostitutionsgewalt vorgegangen, die gerne von AbolitionistInnen mit dem Ziel, jegliche Form von Sexarbeit abzuschaffen, in den Vordergrund gestellt wird.
- Die Zeit und die Mittel, die im Moment dafür verwendet werden, SexarbeiterInnen und friedliche KundInnen zu verfolgen und festzunehmen, sollte man besser in die Aufklärung von Vergewaltigungen und anderen Gewaltdelikten, die an uns verübt werden, investieren.
- Es müssen Mechanismen geschaffen werden, die SexarbeiterInnen dazu ermutigen und dabei unterstützen, Verbrechen anzuzeigen. Diese sollten auch ein Frühwarnsystem beinhalten, mit dessen Hilfe sich SexarbeiterInnen untereinander über potentiell gewaltbereite Kunden informieren können.
Gesundheit und Wohlbefinden
Niemand – und am wenigsten SexarbeiterInnen – leugnet, dass Sexarbeit mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Es ist jedoch ein Mythos, dass wir „dreckig“ oder
„unrein“ seien. Tatsächlich haben wir nämlich einen höheren Wissensstand über die eigene sexuelle Gesundheit und praktizieren häufiger Safer Sex als der Rest der Bevölkerung. Außerdem fungieren wir für unsere KundInnen als BeraterInnen im Bereich sexuelle Gesundheit.
Wir fordern die Anerkennung unserer gesellschaftlichen Rolle als wertvolle Vermittler sexuellen Wohlbefindens und gesundheitsfördernder Maßnahmen.
Stigmatisierung stellt für SexarbeiterInnen immer noch ein Hindernis beim Zugang zu gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen dar. Vorurteile und Diskriminierung kommen auch im Gesundheitsbereich vor, wo SexarbeiterInnen erniedrigende und demütigende Behandlung durch einige MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens erfahren.
Wir fordern, dass alle MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens uns mit Würde und Respekt behandeln und dass unsere Beschwerden über diskriminierende Behandlung ernst genommen werden.
Mit dem Ziel die Gesundheit und das Wohlempfinden aller SexarbeiterInnen zu fördern, verlangen wir von unseren Regierungen:
- Zugang zu gesundheitlicher Versorgung für alle SexarbeiterInnen mit Migrationshintergrund
- Zugang zu Spritzen-Austausch und Entzugsmaßnahmen für Drogenabhängige
- Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten für alle, die mit HIV leben, von denen sonst wohl unnötig viele sterben werden
- Zugang zu Behandlungsmaßnahmen zur Geschlechtsumwandlung für transsexuelle Personen.
Registrierung und obligatorische Tests
Die Registrierung von SexarbeiterInnen und die Durchführung obligatorischer Gesundheitstests sind als Präventionsmaßnahmen wertlos, vor allem, wenn KundInnen sich diesen Tests nicht unterziehen müssen. Dort, wo obligatorische Tests noch immer durchgeführt werden, zeichnet sich ab, dass KundInnen SexarbeiterInnen für besonders „gesund“ halten und daher auf den notwendigen Gebrauch von Kondomen verzichten, da sie sich selbst nicht als eine Bedrohung für die SexarbeiterInnen sehen.
Registrierungen, obligatorische Gesundheits- und HIV-Tests verletzen die Menschenrechte von SexarbeiterInnen und führen zu einer zunehmenden Stigmatisierung von SexarbeiterInnen als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit. Außerdem tragen sie dazu bei, dass die stereotype Sichtweise, nach welcher Infektionen nur von SexarbeiterInnen auf KundInnen übertragen werden, verbreitet wird.
Wir verlangen, dass Registrierungen und obligatorische Tests abgeschafft werden.
Reiseberechtigung, Migration, Asyl
Mangelnde Migrationsmöglichkeiten gefährden unsere Integrität und Gesundheit. Wir fordern, dass SexarbeiterInnen frei zwischen und innerhalb von Ländern reisen können und bei der Migration nicht aufgrund ihrer Arbeit diskriminiert werden.
Wir fordern das Recht auf Asyl für SexarbeiterInnen, die in ihrer Heimat der Gewalt von staatlicher Seite oder von ihren jeweiligen Gemeinschaften ausgesetzt sind, weil sie sexuelle Dienstleistungen anbieten..
Wir fordern das Recht auf Asyl für alle, deren Menschenrechte aufgrund ihrer Tätigkeit in der Sexarbeit, ihres Gesundheitszustands, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung verletzt wurden.
Unsere Arbeit
Unsere Körper und unser Geist sind für jede und jeden von uns individuelle wirtschaftliche Ressourcen, die in unterschiedlichsten Formen eingesetzt werden können. Alle Arten von Sexarbeit sind gleichwertig, dazu zählen auch Tabledance, Strippen, Straßenprostitution, Begleitservice, Telefonsex oder pornographische Darstellungen.
Für manche mag bezahlter Sex Teil ihrer Privatsphäre bleiben. Sie tätigen ihre Geschäfte außerhalb des Arbeitsmarktes.
Für viele andere wird Sex zur Arbeit, wobei einige selbständig, andere in Gruppen arbeiten und wieder andere bei Dritten „angestellt“ sind. Es stellt für sie ein finanzielles Einkommen dar, für das eine Leistung erbracht wird, und muss als Arbeit anerkannt werden.
Entfremdung, Ausbeutung, Missbrauch und Nötigung kommen in der Sexindustrie ebenso vor wie in jedem anderen Industriezweig auch, aber es sind keine grundlegenden Bestandteile unseres Lebens oder unseres Geschäfts. Grenzen werden jedoch nur dann gesetzt, wenn eine Tätigkeit in einem Industriezweig offiziell anerkannt, von der Mehrheit der Gesellschaft akzeptiert und von Gewerkschaften unterstützt wird. Wenn das Arbeitsrecht ausgeweitet wird, bekommen ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit, sich auf Vorschriften zu berufen, um Missbrauch zu melden und um sich im Kampf gegen nicht zumutbare Arbeitsbedingungen und exzessive Ausbeutung zu organisieren.
SexarbeiterInnen werden wie Kriminelle behandelt, selbst wenn sie gegen kein Gesetz verstoßen, weil Sexarbeit nicht als Arbeit anerkannt wird und Tätigkeiten innerhalb der Sexindustrie und in den an sie angrenzenden Bereichen nach wie vor kriminalisiert werden. . Diese Art von Behandlung entfremdet uns vom Rest der Gesellschaft und reduziert unsere Möglichkeiten, die Kontrolle über unsere Arbeit und unser Leben zu bewahren. Sie ermöglicht viel eher unkontrollierte Ausbeutung, Missbrauch und Nötigung, die sich in unzumutbaren Arbeitszeiten, gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen, ungerechter Verteilung der Gewinne und sinnloser Einschränkung der Bewegungsfreiheit äußern. Bestimmte Gruppen von SexarbeiterInnen, wie z.B. MigrantInnen, sind unverhältnismäßig stark von unakzeptablen Arbeitsbedingungen betroffen.
Wir fordern, dass unser Recht auf gesetzlichen Schutz anerkannt wird, der uns gerechte und angenehme Bedingungen in Bezug auf unsere Arbeit, die Vergütung und die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit garantiert.
Wir fordern, dass Sexarbeit als Erwerbstätigkeit anerkannt wird, durch die MigranntInnen sich um eine Arbeitserlaubnis und eine Aufenthaltsgenehmigungen bewerben können, und dass sowohl dokumentierten als auch undokumentierten MigrantInnen sämtliche Arbeitsrechte zuteil werden.
Wir fordern, dass die Europäische Komission einen Ombudsman einsetzt, der die nationalen Gesetzgebungen, die die Sexindustrie betreffen, überwacht. Dem könnte entweder in Form eines neu einzurichtenden Amtes oder durch die Integration in ein bereits bestehendes Komissariat Rechnung getragen werden.
Berufliche und persönliche Entwicklung
Wir erheben Anspruch auf unser Recht, in Gewerkschaften eintreten oder sie gründen zu dürfen.
Als SexarbeiterInnen sollten wir die gleichen Möglichkeiten zu beruflicher Weiterentwicklung haben wie andere ArbeitnehmerInnen. Wir fordern das Recht, berufliche Ausbildungspläne entwickeln und Beratungseinrichtungen aufbauen zu können, die uns auch darin unterstützen, selbständig zu arbeiten und unser eigenes Unternehmen aufzubauen.
Wir erheben Anspruch auf unser Recht, in andere Länder reisen und dort arbeiten zu können. Länderspezifische Informationen über die Anforderungen und Arbeitsbedingungen in der Sexindustrie und ihren verschiedenen Bereichen sollten erhältlich sein.
Wir verlangen, dass im Ausland absolvierte Ausbildungen und Abschlüsse entsprechend anerkannt werden.
Wir verlangen, dass die Anti-Diskriminierungsgesetze sowohl innerhalb der Sexindustrie als auch zugunsten jener SexarbeiterInnen angewendet werden, die sich nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen und dabei mit den spezifischen Schwierigkeiten konfrontiert werden, die als Konsequenz aus der Stigmatisierung von SexarbeiterInnen entstehen.
Wir fordern, dass SexarbeiterInnen, die sich weiterbilden wollen oder nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, Unterstützung angeboten wird.
Steuern und soziale Unterstützung
Wir erkennen die Pflicht aller BürgerInnen an, die Gesellschaft, in der sie leben, finanziell zu unterstützen. Solange SexarbeiterInnen aber nicht die gleichen Vorteile genießen wie die anderen BürgerInnen und solange uns das Recht auf gleichen Schutz durch das Gesetz verwehrt wird, werden sich einige SexarbeiterInnen nicht dazu berufen fühlen, dieser Verpflichtung nachzukommen.
Wir fordern, dass wir Zugang zu Sozialversicherungen bekommen, damit wir unser Recht auf Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung wahrnehmen können.
SexarbeiterInnen sollten die üblichen Steuern bezahlen, die nach demselben Schlüssel wie bei anderen Arbeitnehmern oder selbständig Erwerbstätigen zu berechnen sind, und sie sollten die gleichen steuerlichen Vorteile haben. Besteuerungssysteme sollten nicht dazu missbraucht werden, SexarbeiterInnen zu registrieren. Außerdem sollten Angelegenheiten, die mit Stigmatisierung in Zusammenhang stehehen und Vertraulichkeit erfordern, Priorität haben.
Auskünfte über das Besteuerungssystem müssen gut zugänglich und verständlich gestaltet sein und für WanderarbeiterInnen in vielen Sprachen angeboten werden. Das System, nach dem Steuern berechnet und eingezogen werden, sollte für ArbeitnehmerInnen transparent und leicht verständlich sein, um Ausbeutung und Missbrauch durch ArbeitgeberInnen zu verhindern.
Die Kosten für sachgemäße Waren und Dienstleistungen, einschließlich der Gesundheitskosten, sollten steuerlich absetzbar sein.
Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
Unsere Körper sind unser Einnahmequelle. Wir fordern kostenlose bzw. erschwingliche Safer- Sex-Artikel und Zugang zu Einrichtungen des Gesundheitswesens, um unsere Gesundheit erhalten zu können.
Wir verlangen von unseren Regierungen zu verbieten, dass Präservative und anderen Safer- Sex-Artikel bei SexarbeiterInnen und in Einrichtungen der Sexindustrie konfisziert werden.
Wir fordern von unseren Regierungen kostenlose oder erschwingliche Versorgung für die sexuelle Gesundheit aller SexarbeiterInnen, dazu gehören auch vorsorgliche Impfungen.
Wir verlangen, dass die gesundheitlichen Bedürfnisse von SexarbeiterInnen in allen Krankenversicherungssystemen Berücksichtigung finden, und dass, wie in anderen Beschäftigungsfeldern auch, bei arbeitsbedingter Krankheit Krankengeld gezahlt wird.
Gewalt stellt an jedem Arbeitsplatz eine Bedrohung für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten dar. Unsere Arbeitgeber sind verpflichtet, uns zu schützen und Maßnahmen gegen die Personen zu ergreifen, die unser Recht auf Sicherheit am Arbeitsplatz verletzen.
Wir fordern, dass unsere Regierungen unsere Anliegen bezüglich unserer Gesundheit und Sicherheit ernst nehmen und für ein sicheres Arbeitsumfeld sorgen, in dem Gewalt und Missbrauch nicht toleriert werden. Im Hinblick darauf ersuchen wir die Regierungen eindringlich, Notrufnummern einzurichten, bei denen SexarbeiterInnen um Rat fragen und Missbrauchsfälle anonym melden können.
Arbeitsbedingungen
Die Tatsache, dass Sex für uns zur Arbeit wird, ist kein Grund, uns das Recht abzusprechen, Kontrolle darüber zu bewahren, mit wem wir Sex haben, welche sexuellen Dienstleistungen wir anbieten oder unter welchen Bedingungen wir dies tun.
Wir fordern erstens das Recht, im Bereich der Sexarbeit tätig zu sein, ohne dazu gezwungen zu werden, zweitens das Recht, innerhalb der Sexindustrie mobil und flexibel sein zu können, und drittens das Recht diese Tätigkeit aufgeben zu können, wann immer wir es wollen.
Wir fordern das Recht, jeden Kunden und jede Dienstleistung, die von uns verlangt wird, ablehnen zu können. ManagerInnen dürfen nicht bestimmen, welche Dienstleistungen und unter welchen Bedingungen wir diese anbieten, unabhängig davon, ob wir „Angestellte“ oder „selbständig“ sind.
Wir fordern faire Arbeitsbedingungen wie z. B. Anspruch auf einen Mindestlohn, Pausen, Mindestmaßstäbe für Ruhezeiten und Jahresurlaub. Solche Bedingungen müssen auch für „Selbständige“ an gemeinschaftlichen Arbeitsplätzen gelten.
Wir fordern, dass nicht akzeptable Praktiken abgeschafft werden, die SexarbeiterInnen z.B. zum Alkohol- und Drogenkonsum während der Arbeit verpflichten oder durch die ihnen extrem hohe Kosten für Essen, Getränke, Dienstleistungen und Kleidung am Arbeitsplatz entstehen.
Wir fordern, dass Gesundheit und Sicherheit an unseren Arbeitsplätzen Priorität haben und dass auch denen Schutz für ihre Gesundheit und Sicherheit gewährt wird, die selbständig an öffentlichen Orten arbeiten.
Wir fordern, dass ArbeitgeberInnen die gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzes einhalten, dass unsere persönlichen Angaben vertraulich behandelt werden, und dass jeglicher Missbrauch unserer Daten von den Behörden ernst genommen wird.
Gesetze, die Arbeitszeiten und –bedingungen regeln sind sehr komplex. Deshalb ist es notwendig, dass SexarbeiterInnen klare und korrekte Informationen über ihre Rechte verfügbar gemacht und an den jeweiligen Arbeitsplätzen verteilt werden. Diese Informationen müssen in vielen verschiedenen Sprachen erhältlich sein, um sicherzustellen, dass alle MigrantInnen Zugang dazu haben.
Um unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern, ist es wichtig, dass wir die Möglichkeit haben, uns zu organisieren und für unsere Rechte einzutreten. Wir fordern die Gewerkschaften dazu auf, uns bei der Gründung einer eigenen Organisation und bei unserem Kampf um faire Arbeitsbedingungen zu unterstützen.
Wir fordern, dass in Abstimmung mit SexarbeiterInnen für die Straßenprostitution gekennzeichnete Zonen eingeführt werden, damit diejenigen von uns, die im öffentlichen Raum arbeiten, dies auch sicher tun können, ohne dass ihre individuelle Entscheidungsmöglichkeit, wo sie arbeiten wollen, beeinträchtigt wird. Solche Zonen würden es uns ermöglichen, zusammen zu arbeiten, und es uns erleichtern, Dienstleistungen in angemessener Qualität anbieten zu können. Die Polizei könnte gleichzeitig sicherstellen, dass wir nicht von Kriminellen und anderen unerwünschten Gästen belästigt werden.
Entkriminalisierung von Sexarbeit
Sexuelle Dienstleistungen zum Verkauf anzubieten und beruflich als SexarbeiterIn tätig zu sein, gilt in unserer Gesellschaft oft als kriminell, selbst wenn de facto werder das eine noch das andere eine strafbare Handlung ist. Es ist heuchlerisch, dass die derzeitigen Gesetzgebungen gerade die Tätigkeiten im Bereich der Sexindustrie kriminalisieren, die es uns ermöglichen, in Gruppen zu arbeiten und uns dadurch gegenseitig zu schützen. Diese Art von Gesetzgebungen – die den Regierungen zufolge erlassen wurden, um uns vor Ausbeutung zu schützen – tragen dazu bei, dass unsere Entfremdung zunimmt und die Möglichkeiten zu Ausbeutung, Missbrauch und Nötigung innerhalb unseres Geschäftsfelds erweitert werden. Sie behandeln uns als rechtlich „minderwertig“, als wären wir nicht in der Lage, nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen zu treffen.
Wir fordern, dass diese Art von Gesetzgebungen, die uns, diejenigen, mit denen und für die wir arbeiten, OrganisatorInnen und ManagerInnen, die mit gutem Beispiel und positiven Geschäftsmethoden vorangehen, unsere KundInnen und Familien kriminalisieren, abgeschafft werden.
Wir fordern, dass die Gesetzgebungen aufgehoben werden, die unsere Versammlungsfreiheit und unsere Möglichkeiten zur Selbstorganisation einschränken.
Wir fordern, dass Gesetzgebungen, die uns das Recht vorenthalten, uns zwischen und innerhalb von Ländern frei zu bewegen, abgeschafft werden.
Wir fordern das Recht, einzeln oder in Gruppen organisiert arbeiten zu können, entweder als Selbständige oder als Angestellte mit der vollen Absicherung der ArbeitnehmerInnenrechte.
Wir fordern das Recht, Räumlichkeiten für unsere Arbeit mieten, Werbung für unsere Dienstleistungen machen und Personen bezahlen zu können, deren Leistungen wir in Anspruch nehmen.
Wir fordern das Recht, unsere Einkünfte für die Dinge ausgeben zu können, die uns wichtig sind. Sowie das Recht, mit unseren Einkünften unsere Familien, PartnerInnen und Freunde unterstützen zu können.
Wir fordern, dass für Sexarbeitsunternehmen die standardmäßig üblichen Unternehmensrichtlinien gelten, denen zufolge Unternehmen, nicht jedoch SexarbeiterInnen registriert werden.
Wir fordern das Recht, uns im öffentlichen Raum aufhalten zu dürfen, und unterstützen den Vorschlag, gekennzeichnete öffentliche Zonen für Straßen-Sexarbeit in Abstimmung mit SexarbeiterInnen festzulegen. Die Einführung solcher Zonen sollte aber nicht das Recht jedes einzelnen einschränken, dort zu arbeiten, wo er/sie arbeiten will.
Wir setzen uns für das Recht von friedlichen und fairen KundInnen ein, sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung in Anspruch nehmen zu könen.
Damit Sexarbeit für alle Beteiligten sicher wird, fordern wir, dass die Strafgesetzgebung zu Betrug, Nötigung, sexuellem Missbrauch von Kindern, Kinderarbeit, Gewalt, Vergewaltigung und Mord in Bezug auf die in der Sexindustrie auftretenden Fälle verschärft wird.
Hintergrund zum Manifest der SexarbeiterInnen in Europa
Als Reaktion auf die überall in Europa zunehmend restriktive Gesetzgebung, Politik und Praxis fand sich 2002 in den Niederlanden eine kleine Gruppe von SexarbeiterInnen und Verbündeten zusammen, um eine Konferenz zu organisieren, die SexarbeiterInnen eine Stimme geben sollte. Diese kleine Gruppe rief alle SexarbeiterInnen, MitarbeiterInnen von SexarbeiterInnen Projekten und AktivistInnen, die sich für die Rechte von SexarbeiterInnen einsetzen, dazu auf, weitere Personen zur Unterstützung zu animieren. Es wurde ein Organisationskomittee gegründet, das überwiegend aus SexarbeiterInnen bestand. Als juristische Einheit wurde das Internationale Komitee für die Rechte von SexarbeiterInnen in Europa (International Committee on the Rights of Sex workers in Europe, ICRSE) eingerichtet, um finanzielle Mittel zu beschaffen und die Konferenz zu organisieren.
Das Komitee kam zu dem Entschluss, dass die Konferenz nicht nur SexarbeiterInnen eine Stimme geben, sondern dass auf ihr auch Instrumente entwickelt werden sollten, die es SexarbeiterInnen in ganz Europa ermöglichen, ihre Rechte zu verteidigen und Netzwerke mit Menschenrechts-, Arbeits- und MigrantInnenorganisationen aufzubauen. Eines dieser Instrumente war
- Das Manifest der SexarbeiterInnen – von SexarbeiterInnen für SexarbeiterInnen entworfen, um ihre gemeinsame Vision einer gerechten Gesellschaft darzustellen.
Das Komitee führte ein Jahr lang Befragungen von SexarbeiterInnen in ganz Europa durch, deren Ergebnisse zusammengetragen wurden. Die Punkte, denen die Mehrheit der befragten SexarbeiterInnen zustimmte, wurden dazu verwendet, einen Entwurf des Manifests anzufertigen, der auf der Konferenz von SexarbeiterInnen geprüft werden sollte.
Das Manifest der SexarbeiterInnen in Europa wurde am 15. und 16. Oktober 2005 von 120 SexarbeiterInnen aus 26 Ländern auf der Europäischen Konferenz zu Sexarbeit, Menschenrechten, Arbeit und Migration erarbeitet und bestätigt. Am 17. Oktober, dem dritten Tag der Konferenz, die unter der Schirmherrschaft von Monica Frassoni, Mitglied des Europäischen Parlaments für Italien, Greens – European Free Alliance in the European Parliament, veranstaltet wurde, fand die Präsentation statt.
Ausblick
Das Manifest der SexarbeiterInnen in Europa wird in europäischen Ländern verbreitet und, zunächst nur auf Englisch, auf der Webseite sexworkeurope zugänglich sein. SexarbeiterInnen arbeiten zur Zeit an Übersetzungen in die anderen Konferenzsprachen Französisch, Deutsch, Russisch und Spanisch. Wir hoffen, dass in Zukunft auch Übersetzungen in viele andere europäische Sprachen realisiert werden können.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website www.sexworkeurope.org oder schicken Sie uns eine Email an: manifesto@sexworkeurope.org
P.O. Box 51319, 1007 EH Amsterdam, Niederlande
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Hallo – gutes Manifest! Ich würde es sofort unterschreiben.
Mit einer Zeile bin ich jedoch nicht ganz im Reinen:
„werden unsere KundInnen als gewalttätige, perverse oder psychisch gestörte Menschen dargestellt.“
Ich finde nicht, dass man „psychisch gestörte“ (eigentlich: psychisch kranke!) Menschen in einem Atemzug mit perversen oder gewalttätigen Personen nennen sollte.
Psychisch Kranke sind keine Monster. Wir sind einfach nur krank – ebenso wie ein Mensch der z. B. an Grippe erkrankt ist, nur dass es sich eben um eine seelische (bzw. ggf. neurologische) Erkrankung handelt.
Psychisch kranke Menschen haben oft große soziale Probleme. Manche Krankheitsbilder machen die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen äußerst kompliziert. Dies liegt auch an den Vorurteilen, die psychisch Kranken entgegengebracht werden. Daher nehmen manche psychisch Kranken die Dienstleistungen von SexarbeiterInnen in Anspruch, da die Suche nach einem/r PartnerIn krankheitsbedingt extrem erschwert ist.
Aber dennoch, das Manifest gefällt mir. Es ist gut, dass SexarbeiterInnen für ihre Rechte eintreten.