„Il faut lutter contre la traite, pas contre la prostitution“
Man muss gegen Menschenhandel kämpfen und nicht gegen Prostitution. Sexarbeiter_innen protestierten am 7. Juli gegen die von der neuen Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem vorgeschlagene Prostitutionspolitik. Vallaud-Belkacem möchte Prostitution abschaffen – mit einem Verbot sexuelle Dienstleistungen zu kaufen, d.h. mit einer Kriminalisierung der Kunden von Sexarbeiter_innen. Dieses “schwedische Modell” stößt jedoch auf Widerstand, insbesondere bei den Sexarbeiter_innen.
Die Ministerin solle doch erstmal ihre Hausaufgaben machen, bevor sie sich öffentlich äußert, sagt Morgane Merteuil, Chefin der Prostituiertengewerkschaft STRASS.
Es gebe nicht die eine Prostitution, sagt Merteuil, sondern viele verschiedene Arten. Jede Form der Prostitution erfordert andere, passende Maßnahmen. Sie betont, dass der Kampf gegen Zwangsarbeit auch mit Rechten von Sexarbeiter_innen kompatibel ist. Man kann Zwangsprostitution unter Strafe stellen und trotzdem denjenigen Rechte gewähren, die diese Tätigkeit freiwillig ausüben.
Das Verbot würde Prostitution noch mehr in den Untergrund treiben und Sexarbeiter_innen noch stärker gewalttätigen Zuhältern und Kunden aussetzen. Das Gesetz würde also nicht zu einer Verbesserung der Situation für Prostituierte führen. Dies bestätigt auch ein Bericht über Norwegen. Dort und in Schweden herrscht das Verbot nun seit mehreren Jahren, ohne jedoch spürbaren Erfolg gezeigt zu haben.
Sexarbeiter_innen fordern mehr Rechte. Sie fordern auch, dass sie endlich in politische Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen werden. Immerhin ist es ein demokratisches Prinzip, dass Interessenvertreter_innen gehört werden, wenn Entscheidungen getroffen werden, die sie betreffen.
Doch ihre Kritik, dass die Kriminalisierung der Kunden und die Abschaffung der Prostitution zu weniger Rechte für Sexarbeiter_innen führen würde, will die französische Ministerin nicht hören. Sie sollte vielleicht mal dieses Plädoyer lesen, warum die feministische Bewegung Sexarbeiter_innen zuhören soll.
Das ist die Erklärung der französischen Sexarbeiter_innen (Link zum Original auf Französisch):
Wer die Abschaffung der Prostitution fordert, fordert auch die Abschaffung und das Verschwinden der Sexarbeiter_innen. Das werden wir nicht zulassen.
Unter dem Deckmantel eines spießigen Abolitionismus und autoritären Feminismus tut sie (die Ministerin) so, als würde sie den heftigen Widerstand gegen diese Maßnahme vergessen – Widerstand von Seiten der Betroffenen, sowie der Gesundheits- und Präventionszentren und allen Akteuren, die gegen HIV und AIDS kämpfen.
Seit Monaten kritisieren diese den Versuch Sexarbeit noch mehr zu kriminalisieren. Uns wurde versprochen das Verbot des Anwerbens von Kunden durch Sexarbeiter_innen (racolage) abzuschaffen. Doch noch bevor dieser Weg eingeschlagen wurde, hat man uns noch mehr Repression gegenüber Huren garantiert.
Nein, Sexarbeit ist kein Attentat gegen die Würde der Frauen. Es ist nicht weniger sexistisch Frauen von vornherein die Fähigkeit abzusprechen, überhaupt einer solchen Tätigkeit zustimmen zu können, weil sie angeblich Opfer einer Selbsttäuschung sind (Prekariat, Verletzlichkeit, Stockholm-Syndrom, usw.).
Nein, Sexarbeit ist nicht Synonym für Menschenhandel. Wenn wir heutzutage besonders verletzlich sind, liegt das nicht an der Natur unserer Tätigkeit sondern an der Repression und der Stigmatisierung, die wir alltäglich erleben und an den Hürden, denen wir begegnen, wenn wir für unsere Rechte kämpfen. Die Abschaffung der Prostitution zu fordern anstatt sich auf den Kampf gegen Ausbeutung und Menschenhandel zu konzentrieren, ist das Ergebnis einer heuchlerischen, abschätzigen, gefährlichen und kontraproduktiven Kommunikationspolitik. Die Kriminalisierung der Kunden wird den Mafias in die Hände arbeiten, weil Sexarbeiter_innen noch unsichtbarer werden. Die Unsichtbarmachung der Sexarbeiter_innen wird auch Folgen für ihre Gesundheit und ihre Sicherheit haben.
Dies wurde schon mehrfach durch Sexarbeiter_innen und ihren Unterstützer_innen und durch öffentlichen Institutionen (CNCDH, CNS) gesagt. Doch dies wird nicht anlässlich einer Konsenskonferenz gehört werden, weil die Entscheidungen schon getroffen sind.
Wie lange müssen wir uns noch die Lunge aus dem Hals schreien, bis man uns hört? Wie lange werden noch Huren auf dem Altar der Prinzipien geopfert müssen, die Personen entworfen haben, die abgeschottet in ihren Elfenbeintürmen leben? Wir fordern:
- die umgehende Abschaffung der Straftat des öffentlichen Anwerbens von Kunden (délit de racolage public)
- das sofortige Ende der Kriminalisierung und der Repression der Sexarbeit
- die Anwendung nationalen Rechts (droit commun) gegenüber Sexarbeiter_innen
- einen wirksamen Kampf gegen Zwangsarbeit, Sklaverei, Knechtschaft und den Menschenhandel zu diesen Zwecken
- den Rücktritt der Ministerin für Frauenrechte
Wer für Sex zahlt, wird bestraft (In Deutschland hat alleine die taz eine Woche später darüber beichtet)
[…] von Kunden von Sexarbeitern wird von Organisationen ausverschiedenen Bereichen kritisiert, darunter Sexarbeiter-Organisationen, AIDS-Hilfen, aber auch […]
[…] In Frankreich haben Sexarbeiter_innen gegen die neuen Vorschläge in der Prostitutionspolitik protestiert. menschenhandel heute berichtet. […]