Menschenhandel heute

„Deutschland ist Ursprungs-, Transit- und Zielland für Frauen, Männer und Kinder, die Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und der Ausbeutung der Arbeitskraft werden.“ Dies berichtet der Trafficking in Persons oder TIP-Report 2011 (Länderbericht zum Menschenhandel 2011) über die Bundesrepublik Deutschland. Seit einigen Jahren wird auch in der Presse zunehmend über Fälle von Menschenhandel berichtet.

Ende August 2011 wurden bei einer Großrazzia in Hannover mehrere Personen wegen des Verdachts auf Menschenhandel festgenommen. Genauer genommen, handelt es sich um schweren Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung von Arbeitskräften, der den Festgenommenen vorgeworfen wird. 25 China-Restaurants seien involviert.

Diese Woche, im September 2011, machte mich mein Google-News Alert auf einen Fall von Menschenhandel in Gelsenkirchen aufmerksam. Ein als vermisst gemeldetes 13-jähriges Mädchen wurde bei einer Polizei-Razzia in einem Bordell gefunden. Dort wurde sie zur Prostitution gezwungen. Die jungen Männer wurden wegen schweren Menschenhandel angeklagt, wurden aber gleichzeitig wieder freigelassen. Interessant sind hier die Formulierungen in der Presse, die nie von Zwangsprostitution sprechen sondern höchstens davon, dass sie sich „prostituiert habe“ oder sich in einem Bordell „aufhalte“, oder gar, dass sie dort arbeite.

Immer wieder wird auch über Fälle von Sklaverei berichtet. So schrieb am 12.09.2011 der Spiegel über die Befreiung von 24 als „Sklaven“ festgehaltenen Männern in England. Zwangsarbeit als Form moderner Sklaverei ist jedoch kein Einzelfall. Die NGO Anti-Slavery International veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Berichte zu diesem Thema.

Es ist noch nicht lange her, dass sowohl Zwangsprostitution als auch Ausbeutung der Arbeit, bzw. Zwangsarbeit als Menschenhandel geahndet und verfolgt werden. Im Jahre 2000 wurde das „Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels“ unterzeichnet und 2006 wurde es in Deutschland ratifiziert. Seitdem setzen sich immer mehr Staaten intensiver mit diesem Thema auseinander.

Das liegt vor allem an dem zu Beginn genannten TIP-Report, einen Bericht, die die USA seit 2001 jährlich veröffentlichen. Das Besondere an diesem Bericht ist, dass dort ein Ranking aller Staaten vorgestellt wird, das ihr Engagement im Bereich der Bekämpfung von Menschenhandel zum Ausdruck bringen soll. Dieser Bericht ist jedoch kontrovers, u.a. deshalb weil die USA bis zum Jahre 2010 nicht Teil des Berichtes waren, es also kaum Daten über sie gab und der Eindruck entstand, die USA könnten nur den Finger auf andere Staaten zeigen, aber nicht auf sich selbst.

Eins ist sicher: auch in den USA gibt es Zwangsarbeit und Zwangsprostitution, auch dort gibt es Formen moderner Sklaverei – obwohl die Sklaverei schon (oder: nur) seit ca. 150 Jahren abgeschafft wurde. Fälle von Menschenhandel und moderner Sklaverei treten aber in allen Ländern regelmäßig ans Licht. Betroffen sind vor allem Migrant_innen, bzw. sog. „Wanderarbeiter_innen“, die aufgrund restriktiver Migrationsgesetze erpresst werden können und denen jeglicher rechtliche Schutz fehlt – dies trifft sowohl in Fällen von Zwangsprostitution als Zwangsarbeit zu. Zuletzt haben heutige Fälle von Menschenhandel eine historische Dimension. Dort wo moderne Sklaverei auftaucht, ist es möglich eine nicht ganz einfach Geschichte der Sklaverei und ihrer Abschaffung zu erzählen. Das sind – grob – die Themen, mit denen sich dieses Blog beschäftigt.