menschenhandel heute.

kritische perspektiven auf die bekämpfung von menschenhandel

Fälle von Gewalt und Vergewaltigung von Prostituierten durch Polizei – Eine Auswahl

Die Vereinten Nationen (UN.GIFT) haben in einem Bericht Korruption unter Polizeibeamten als zentrales Element im „Menschenhandel“ identifiziert. Durch korrupte Polizisten werden Handlungen begünstigt, unterstützt oder ignoriert, die zu Menschenhandel führen.

Doch die Polizei spielt nicht nur eine Rolle im „Menschenhandel“ als organisierte Kriminalität. Oft nutzen Polizisten ihre Macht und die rechtliche Lage ihres Landes aus, um Sexarbeiter_innen und Migrant_innen zu misshandeln, vergewaltigen und erpressen. Einen Überblick über polizeiliche Gewalt gegen Sexarbeiter_innen liefert die US-Amerikanische Professorin Chi Mbako.

Laut dem Bericht der WHO-Weltgesundheitsorganisation „Violence against sex workers and HIV prevention“ wurden in Bangladesh über 50% der Sexarbeiter_innen durch Männer in Uniform vergewaltigt, in Namibia berichteten ca. 10% von sexuellen Übergriffen durch die Polizei und in Indien würden rund 70% der Prostituierten durch die Polizei geschlagen, während 80% ohne Grund verhaftet wurden. Die Ursache für die anhaltende Gewalt gegen Sexarbeiter_innen sieht die WHO in der anhaltenden Diskriminierung und im Stigma gegen Sexarbeiter_innen.

Violence is a manifestation of the stigma and discrimination experienced by sex workers. (World Health Organisation, S. 1)

Einige Fälle möchte ich hier auflisten – weitere Fälle können als Kommentar gepostet werden:

Deutschland 2012 (Hannover): Im März 2012 wird ein Beamter der Bundespolizei wegen Vergewaltigung einer bulgarischen Prostituierten verurteilt. Die Freiheitsstrafe beträgt zwei Jahre, wurde aber auf Bewährung ausgesetzt.

Frankreich 2011/2012: Zwei Polizisten sollen eine Studentin, die gelegentlich als Sexarbeiterin gearbeitet hat, zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Sie drohten damit, sie bei ihren Eltern als Prostituierte zu entlarven. Die Tat wurde im Juni 2012 öffentlich, hat sich aber 2011 ereignet.

Frankreich 2010: Fünf Polizisten haben eine rumänische Prostituierte monatelang zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Es folgte eine Verurteilung von ein bis zwei Jahre Haft und eine Entschädigung von 39.ooo Euro. Auch hier bleiben die Polizisten auf freiem Fuß. Nachricht auf Deutsch und Französisch.

USA/Vereinigte Staaten von Amerika: Auf dieser Webseite finden Sie eine Auflistung von über 100 Fällen von polizeilicher und richterlicher Gewalt gegen und Vergewaltigung von Sexarbeiter_innen – einer davon von 2011. Das Verbot der Prostitution, die eine Kriminalisierung der Sexarbeiter_innen bedeutet, erleichtert straffreie Gewalt und Misshandlung durch Polizisten.

Hinzukommt, dass 1986 ein US-Richter in den USA entschieden hatte, dass eine Prostituierte nicht vergewaltigt werden kann, dass es also Vergewaltigung von Prostituierten nicht gibt. Weil Prostituierte Sex gegen Entgelt anbieten, können sie nicht vergewaltigt werden: „a whore is a whore is a whore“ (S. 76). Diese Entscheidung prägt den Umgang mit Vergewaltigung von Prostituierten (auch durch Polizei) bis heute.

„The law does not afford prostitutes protection against rape or sodomy if they had agreed to and were paid for a lesser sex act. A man could force the prostitute to engage in sexual intercourse and sodomy without being criminally liable as long as he didn’t physically abuse her. A woman who goes out on the street and makes a whore out of herself opens herself up to anybody. She steps outside the protection of the law. That’s a basic and fundamental legal concept.“ [LA Times, April 24, 1986]

Kambodscha 2011: Im Dezember 2011 wurde der Leiter der Anti-Menschenhandel- und Jugendschutzeinheit der Hauptstadt Phnom Penh (Municipal Anti Human Trafficking and Juvenile Protection Police) wegen Förderung der Prostitution verurteilt. Er nahm von Bordellbesitzern Schmiergelder an und warnte sie vor Polizeirazzien.

Kambodscha 2010: Die Nicht-Regierungsorganisation Human Rights Watch (HWR) veröffentlicht einen langen Bericht über Gewalt gegen Sexarbeiter_innen durch die Polizei. Weibliche und transgender Sexarbeiter_innen würden verhaften werden um dann durch die Polizei geschlagen, mißhandelt, vergewaltigt und beraubt zu werden. HWR beschreibt dies als „systematische Verletzung der Menschenrechte von Sexarbeiter_innen“. Der „Kampf gegen Menschenhandel“ macht Gewalt durch Polizisten angeblich noch einfacher und verbreiteter.

Großbritannien 2011/2012: Mehrere Polizisten wurden wegen Vergewaltigung von verhafteten Frauen verurteilt. Insbesondere drogenabhängige Frauen, Frauen mit Behinderung sowie Sexarbeiterinnen zählen zu den Opfern.

Südafrika: Sexarbeiter_innen beschuldigen die Polizei des Missbrauchs und Vergewaltigung. Da Prostitution verboten ist, d.h. dass Sexarbeiter_innen als Kriminelle gesehen werden, gibt es kaum Raum für rechtlichen Schutz vor polizeilicher Gewalt. Das würde eine Selbstanzeige gleichkommen.

Nigeria: Mord, Folter, Vergewaltigung und Erpressung gehört einem Bericht von BBC zufolge zu den alltäglichen Praktiken der nigerianischen Polizei. Betroffen seien insbesondere Sexarbeiter_innen …aller Geschlechter. Auch hier fördert die Korruption der Polizei Menschenhandel und Ausbeutung.

Uganda: In Uganda ist Vergewaltigung von Sexarbeiter_innen durch Polizei eine alltägliche Gefahr, die u.a. gesundheitlichen Schutz – insbesondere vor HIV – erschwert. Eine Rechtsanwältin unterstützt die Sexarbeiter_innen durch Tipps, wie sie schützen können.

Swaziland: Auch in Swaziland ist polizeiliche Gewalt gegen Sexarbeiter_innen und Vergewaltigung eine alltägliche Gefahr. Die Illegalisierung von Prostitution erleichtert polizeiliche Gewalt.

Über Gewalt gegen Migrant_innen und die Rolle der Polizei in der Ausbeutung von migrantischen Arbeitnehmer_innen werden wir an anderer Stelle schreiben.

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