Sklaverei und Sklavenhandel

Autor: Sebastian Jobs – ursprünglich veröffentlicht auf bpb.de

Die Ausbeutung von Menschen durch Sklaverei ist eng mit der Geschichte des Kapitalismus, mit Rassismus, aber auch mit dem Widerstand gegen Sklaverei verbunden. Sklaverei ist zwar keine Erfindung des europäischen Kolonialismus, durch seine transatlantische Ausprägung bekam sie jedoch eine fundamental entmenschlichende Dimension: Ein Individuum und seine Nachkommen wurden zur Ware.

Sklaverei, Leibeigenschaft, Knechtschaft und Zwangsarbeit beschreiben auf den ersten Blick dasselbe Phänomen: das Ausnutzen unfreier Arbeit und, zu diesem Zwecke, die Freiheitsberaubung von Menschen. Doch diese vermeintliche historische Konstante, die sich in verschiedenen Zeiten und Ländern findet, unterscheidet sich je nach historischem und regionalem Kontext, ist eben nicht immer dieselbe. Sklaverei im antiken Rom folgte anderen Regeln als Leibeigenschaft im kaiserlichen China oder Zwangsarbeit im stalinistischen Russland. Im Angesicht dieser vielfältigen Sklavereien konzentriert sich dieser Beitrag auf den kolonialen Typus von Sklaverei, die mit den europäischen Entdeckungen und Expansionen im atlantischen und südostasiatischen Raum vom 16. bis 20. Jahrhundert verknüpft ist. Diese historische Konstellation brachte spezifische Akteure, Strukturen und Netzwerke hervor, durch die diese Kapitalisierung menschlicher Körper eng mit der globalen Geschichte des westlichen Kapitalismus, Rassismus, aber auch des Widerstands gegen Sklaverei verbunden ist.

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10 Dinge über Sklaverei, die Sie nicht mit ‚Django‘ lernen werden (crossposted)

 

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 9. Januar 2013 auf colorlines.com veröffentlicht und erscheint hier als Übersetzung mit Zustimmung der Autors. Originaltitel: „10 Things You Should Know About Slavery and Won’t Learn at ‘Django’“

Autor: Imara Jones

In der letzten Zeit gab es viel Aufruhr über Sklaverei als Unterhaltung in Filmen wie „Django Unchained“. Was in der Diskussion verloren ging, ist Sklaverei als Geschichte und die einfache Tatsache, dass es sich um ein Wirtschaftssystem handelte, welches das wirtschaftliche Know-how von Afrikaner_innen ausnutzte, um unvorstellbaren Reichtum in Nordamerika, Europa und in der westlichen Hemisphäre aufzubauen. Der aus dem Sklav_innenhandel erwirtschaftete Reichtum ermöglichte Westeuropa in weniger als einem Jahrhundert die Entwicklung von einer der ärmsten Regionen der Welt hin zur reichsten und mächtigsten zu vollziehen. Weiterlesen →

(Moderne) Sklaverei in Mauretanien

Mauretanien hat vor 21 Jahren im Jahre 1981 als letztes Land Sklaverei abgeschafft. Das bedeutet, dass seitdem Sklaverei keine legitime gesellschaftliche Institution mehr ist. Sklaverei ist seitdem illegal. Kriminalisiert wurde Sklaverei als „Besitz einer Person“ jedoch erst 2007 und bislang wurde nur eine Person verurteilt. Sklaverei ist weiterhin akzeptiert und die Besitzer und Händler von versklavten Menschen werden gesellschaftlich und politisch nicht geächtet – und schon gar nicht dafür verurteilt. Gleichzeitig wird die Existenz der Sklaverei internationalen Organisationen und Journalist_innen gegenüber geleugnet. De facto existiert Sklaverei in Mauretanien bis heute – darüber schreibt auch die Internationale Arbeitsorganisation in diesem Bericht von 2010.

Sklaverei in Mauretanien ist tief in der Gesellschaft verankert. Es handelt sich um eine Institution, die historisch gewachsen ist und den traditionellen Formen der Sklaverei entspricht. Im traditionellen Sinne ist Sklaverei nicht nur mit Eigentum verbunden sondern auch mit der Vererbung des Status als „Sklave“ oder „Sklavin“. Damit einher geht die Vorstellung, dass Sklavinnen und Sklaven sozial tot sind (siehe dazu unsere Beiträge zu O. Pattersons Theorie der Sklaverei als sozialem Tod hier und hier). Von „moderner Sklaverei“ kann also nicht die Rede sein.

Slavery exists in all the countries of the Sahara desert. But it’s only when the slave lifts their head to speak that the crime is discovered. (Boubacar Messaoud)

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Newsticker 1/2012

Ab sofort werden wir in regelmäßigen Abständen einen Newsletter über aktuelle Themen und Entwicklungen im Themenbereich Menschenhandel verfassen. Wir werden dabei auf nationale und internationale News aufmerksam machen, sowie auf angrenzende Themenbereiche, die wir für wichtig und relevant erachten.

Die Newssammlung ist nicht vollständig und wir freuen uns auf Hinweise, die wir gerne aufnehmen und die auch auf Facebook gepostet werden können.

Menschenhandelspolitik

Haiti und der Sklav_innenaufstand

Toussaint LouvertureErfährt mensch heute etwas zu Haiti, so sind es meist negative bis katastrophale Nachrichten über das Erdbeben 2010, den andauernden Kampf gegen den Hunger großer Teile der Bevölkerung oder die allgemeine instabile politische Situation und westliche Gegenmaßnahmen. (1/2) Wenig Aufmerksamkeit erhält dagegen die Geschichte des Landes mit dem wohl einzigen „erfolgreichen“ Sklav_innenaufstand in der Geschichte.

1791 begann die haitianische Revolution mit einem Sklav_innenaufstand (3) in der französischen Kolonie Saint-Domingue. Sie führte im Jahr 1804 zur Gründung des Staates Haiti und der Umbenennung St. Domingues in Haiti. Die Revolution war nicht nur auf die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich gerichtet, sondern auch durch grundlegende Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur in Bezug auf Klassenwidersprüche und Rassismus gekennzeichnet.

Die Revolution in Haiti stand im Spannungsfeld mehrerer ineinander verschränkter Konflikte: der Französischen Revolution, dem Streit um die Abschaffung der Sklaverei, innere Konflikte in Saint-Domingue wie auch dem Kampf der Imperialmächte Frankreich, Spanien und England um globalen Einfluss. Ebenso ist hier auch die komplexe Sozialstruktur Saint Dominguez zwischen den sog. „freien Weißen“, den sog. „gens de couleur libres“ wie den Sklav_innen und deren unterschiedliche soziale Stellungen zu nennen.

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Sozial tot oder lebendig?

Die Folgen des transatlantischen Sklav_innenhandels sind nicht zu unterschätzen: Weil dieser Sklav_innenhandel mit Afrikaner_innen zunehmend mit Rassismus begründet wurde, rief er bis heute andauernde Herrschaftsstrukturen hervor. Diese schlagen sich für Schwarze häufig in einer Einschränkung ihrer Lebenschancen, schlechterer Bildung und Gesundheit sowie hohen Gefängnis-, Armuts- und frühen Sterberaten nieder (Brown 2009). Dennoch sind die heutigen rassistischen Herrschaftsverhältnisse anders als sklavische. Orlando Patterson versucht letzteres mit seiner Theorie des Sozialen Tods zu erklären. Weiterlesen →