Effektiv, human, nachhaltig: Wer von Prostitution redet, darf von Abschiebungen nicht schweigen

Autor: Thomas Schroedter. Dieser Beitrag wurde ursprünglich veröffentlicht in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 589 / 17.12.2013

Die Maßnahmen zur Regulierung der Zuwanderung in die EU werden durch Aufrüstung und eine verbesserte Kommunikation zwischen den Staaten und der Grenzagentur Frontex zunehmend effektiver gestaltet. Scheinbar unabhängig davon werden aktuell in mehreren EU-Ländern Gesetze zur Regelung der Prostitution bis hin zum Verbot verschärft. Dabei stellt die Überwachung der Prostitution eine zusätzliche Maßnahme zur Migrationskontrolle dar.

Dies wird deutlich, wenn wir den Umfang des Anteils an migrantischer Sexarbeit betrachten. Z.B. besitzen in Frankreich 80 Prozent der Sexarbeiterinnen keinen französischen Pass, und in Berlin stellen Polinnen, Russinnen und Ukrainerinnen das größte Kontingent. Wie die Autorin und ehemalige Sexarbeiterin Lilli Brand schreibt, würden diese Frauen ihre Tätigkeit zu Hause »als Job im Sexbusiness begreifen, hier ist es jedoch eher ein Sprungbrett. Und ihr Problem ist dabei nicht die Anerkennung als Prostituierte, sondern Visum, Arbeitserlaubnis, Scheinehemann und so weiter«. (1)

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Österreich: Flüchtlinge, angebliche Schlepper und ein zynischer Wahlkampf

Schlepperverdacht: Polizei durchsuchte Servitenkloster

Schlepperverdacht: Polizei durchsuchte Servitenkloster

Flüchtlinge werden gerne instrumentalisiert, gerade im Wahlkampf. So hat vergangene Woche das österreichische Innenministerium zusammen mit krone.at angebliche Zahlen und Fakten in die Welt gesetzt, die Flüchtlinge als Schlepper, d.h. als Kriminelle, brandmarken, die unglaubliche Profite erwirtschaftet hätten (die falschen Zahlen reproduzieren wir hier nicht). Diese Zahlen wurden dann von fast allen Medien übernommen – ein unkritisches Kopierverhalten, das auch in deutschen Medien beim Thema Menschenhandel sehr beliebt ist.

So werden Flüchtlinge plötzlich als Menschenhändler gebrandmarkt, die Unmengen an Geld verdienen. Die Vorwürfe wurden in diesem Fall u.a. genutzt, um acht pakistanische Flüchtlinge abzuschieben – mehr Abschiebungen sollen folgen. Flüchtlinge wurden zum Instrument des österreichischen Wahlkampfs. Weiterlesen →

Fluchthilfe und Menschenhandel

Wenn vonMenschenhandeldie Rede ist, denken viele an kriminelle Banden und brutale Mafiosi, die sich auf Kosten schutzlos ausgelieferter Opfer bereichern. In der DDR transportierte der Begriff ähnliche Bilder. Mit ihm wurden Menschen bezeichnet, die anderen Menschen bei der unerlaubten Ausreise aus der DDR halfen. Ganz anders war allerdings die Bewertung dieser „Menschenhändler“ in der BRD. Als „Fluchthelfer“ bezeichnet wurde ihre Hilfe bei der unerlaubten Ausreise aus der DDR im Allgemeinen positiv bewertet. Auch wenn dieseFluchthilfemit dem Ende der DDR verschwunden ist, kann uns die unterschiedliche Bewertung interessante Perspektiven auf heutige Bilder, Diskurse und den staatlichen und gesellschaftlichen Umgang mit Migration ermöglichen.

Am 22. Juni 2010 wurde Hartmut Horst das Bundesverdienstkreuz alsAuszeichnung für seine großen Verdienste in der Fluchthilfeverliehen. Er habemaßgeblich dazu beigetragen, dass mehr als 60 Menschen aus der damaligen DDR ihr Leben in Freiheit und Unabhängigkeit fortsetzen konnten. Tatsächlich war Hilfe zur illegalen Ausreise aus der DDR – in der BRD damals wie heute gemeinhinalsFluchthilfebezeichnetfür Tausende, die die DDR verlassen wollten, unverzichtbar. Denn ohne Genehmigung aus der DDR auszureisen, wurde von der DDR als Weiterlesen →

Menschenretter_innen und Menschenhändler_innen

Zum Umgang der EU mit Migrant_innen und ihren Helfer_innen

Die EU stellt sich als sicherer Zufluchtsort für verfolgte Menschen dar. Teil dieser Darstellung ist der proklamierte Schutz von Flüchtlingen vor „Schleusern“ und „Menschenhändlern“, weshalb deren Verfolgung verstärkt wird. Migrant_innen werden allerdings erst durch Grenzen und Abschottungsmaßnahmen der EU gezwungen, auf gefährliche Mittel und Wege der Migration zurückzugreifen und ihr Leben für viel Geld anderen Menschen anzuvertrauen. Die staatliche Verfolgung und ein kriminalisierender Diskurs gegenüber Fluchthelfer_innen dienen aber nicht in erster Linie dem Schutz von Flüchtlingen, sondern sind vielmehr Teil der Abschottungspolitik ihnen gegenüber.

Im September 2009 wurden die tunesischen Fischerei-Kapitäne Abdelkarim Bayoudh und Abdelbassit Zenzeri von der italienischen Justiz zu zweieinhalb Jahren Haft und 440’000 Euro Strafe verurteilt. Ihr Vergehen: Sie hatten zwei Jahre zuvor 44 Menschen aus hoher See im Mittelmeer gerettet und an die nahegelegene italienische Küste gebracht. Das Gericht sah es Weiterlesen →