Menschenhandel und Prostitution im Koalitionsvertrag – kaum Fortschritte

Gestern wurde der erste Entwurf des Koalitionsvertrags veröffentlicht. Darin werden auch die Themen Menschenhandel, Prostitution sowie andere Menschenrechtsverletzungen thematisiert. Die relevanten Abschnitte habe ich in dieser Datei kommentiert und mit einigen (sicherlich noch unvollständigen) Änderungsvorschlägen versehen.

Auch der KOK e.V. (Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess) äußert sich in einer ersten Einschätzung zum Koalitionsvertrags kritisch:

Gerade als Organisation, die sich für die Rechte von Betroffenen von Menschenhandel  unter Beachtung  frauenspezifischer Aspekte einsetzt, erachten wir es als sehr wichtig,  Frauen besser vor Menschenhandel  zu schützen. Aber nicht nur Frauen, sondern auch Männer, Minderjährige und Transsexuelle können von Menschenhandel betroffen sein und benötigen Schutz.

Wir begrüßen das Vorhaben, das Aufenthaltsrecht für Betroffene von Menschenhandel zu verbessern, bedauern es jedoch, dass das Vorhaben einerseits nicht klarer umschrieben wird und anderseits das Aufenthaltsrecht erneut im Zusammenhang mit der Mitwirkung bei der Strafverfolgung diskutiert wird. Betroffe­nen des Menschen­handels ist ein Aufenthaltstitel zu erteilen, unabhängig von ihrer Koope­rations­bereitschaft gegenüber den Strafverfolgungs­behörden und ihrer ZeugInneneigenschaft, auch über das Prozess­­ende hinaus. Den Vorschlag die intensive Unterstützung, Betreuung und Beratung zu gewährleisten, sehen wir als Bestärkung unserer langjährigen Forderung einer finanziell stabilen Sicherung und des Ausbaus eines flächendeckenden niedrigschwelligen, anonymen Unterstützungssystems von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen.

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Das französische Gesetz gegen Prostitution: Wenn der Staat Freiheiten einschränkt – Bevormundung, Entmündigung und Zensur

Einvernehmliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen gegen Entgelt werden unter Strafe gestellt. Webseiten können einfach gesperrt werden. Mit einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Bürger_innen, will Frankreich angeblich für die Befreiung von Prostituierten kämpfen.

Am 28. November 2013 stimmt das französische Parlament über einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Prostitution ab. Dieses Gesetz wird aus verschiedenen Perspektiven kritisiert. Insbesondere die pauschale Bestrafung von Kunden von Sexarbeitern wird von Organisationen ausverschiedenen Bereichen kritisiert, darunter Sexarbeiter-Organisationen, AIDS-Hilfen, aber auch Frauen-Organisationen.

Gegen den Gesetzentwurf äußern sich auch feministische Stimmen, wie z.B. das „Collectif du 8 mars pour toutES„. Das Kollektiv prangert in einem offenen Brief insbesondere die Exklusion von Prostituierten aus der Debatte, was sie als nicht-feministisch einstufen, sowie den repressiven Charakter des Gesetzes an.

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Neuer Amnesty-Bericht: Vorbereitungen zur Fußball-WM 2022 auf Kosten der Menschenrechte

Pressemitteliung von Amnesty International

BERLIN, 15.11.2013 – Viele Bauunternehmen, die in Katar mit den Vorbereitungen der Fußballweltmeisterschaft  2022 beauftragt sind, verletzen systematisch die Rechte von Arbeitsmigranten. Der neue Amnesty-Bericht „The Dark Side of Migration: Spotlight on Qatar’s Construction Sector Ahead of the World Cup“ dokumentiert anhand zahlreicher Beispiele ein alarmierendes Ausmaß an Ausbeutung bis hin zu Zwangsarbeit. „Viele Arbeiter erhalten oft monatelang keinen Lohn und werden trotzdem zur Arbeit gezwungen, indem man ihnen mit einem kompletten Lohnausfall oder der Abschiebung droht“, sagt Regina Spöttl, Katar-Expertin von Amnesty International in Deutschland.

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Der „deutsche Skandal“ der Prostitution. Und wie Sexarbeiter*innen zu Frauenhändlern wurden

Ja, wir müssen uns mit dem Thema Prostitution, der Frage beschäftigen, wie man die Arbeits- und Lebensbedingungen von Prostituierten verbessern kann und wie man Menschenhandel verhindern kann. Aber nicht so. Dieses Buch ist der falsche Ansatz sowohl bei der Bekämpfung des Menschenhandels (der auch in anderen Branchen stattfindet) als auch bei Stärkung der Rechte von Sexarbeitenden. Das Buch wühlt emotional auf, bietet aber kaum eine Quelle an, wenn es um Fakten geht.

Was für ein Wissen ist das, was Alice Schwarzer verkauft? Wie fundiert ist es und was kann man damit anfangen? Kann ich überhaupt solche Fragen an ein Buch herantragen, das weiter entfernt von Wissenschaftlichkeit nicht sein könnte? Wie kann ich ein Buch rezensieren, das auf der Prämisse fundiert zu sein scheint, dass man Wissen erfinden kann, solange die Botschaft ankommt? Und die Botschaft ist klar: Prostitution gehört abgeschafft.

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Prostitutionsverbot eine Heilslehre?

eidgenossin

In Deutschland hat Alice Schwarzer ein Prostitutionsverbot gefordert und heftige öffentliche Diskussionen ausgelöst. In der Schweiz präferiert man das Schwedenmodell, bei dem Freier bestraft werden sollen. Ziel beider Forderungen, die Prostitution zum Verschwinden zu bringen. Notfalls könnte man sich noch vorübergehendend mit einer Eindämmung des Phänomens zufrieden geben.

Ich habe darüber nachgedacht. Was würde denn passieren, wenn ein solches Verbot eingeführt würde. Dazu gehört auch das „Schwedenmodell“. Freier bestrafen, kriminalisiert auch die Sexarbeiterinnen. Zeigt eine Prostituierte einen Freier an, dann hat sie sich an einer Straftat beteiligt.Wird sie dafür nicht vom Gesetz bestraft, so doch zumindest moralisch. Sie wird dann registriert und kann ihren Beruf nicht mehr ausüben. Wenn sie zu dieser Arbeit gezwungen wurde, dann wird ihr Aufenthaltstatus darüber entscheiden, ob sie in ihr Heimatland abgeschoben wird oder bleiben und sich eine andere Arbeit suchen kann. Und was sagt sie dann über ihr berufliches Vorleben? „Ich wurde zu Zwangsarbeit…

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Menschenhandel: Die Spitze der Eisscholle

Eurostat Bericht Menschenhandel EUAutorin: Dr. Dita Vogel

Immer wieder finden sich Zahlen in den Medien, die ein alarmierend hohes Ausmaß von Menschenhandelsfällen in Europa suggerieren. Im Oktober 2013 wurde wieder anlässlich eines Berichts des EU-Sonderausschusses gegen organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche (CRIM-Kommission) die Zahl von 880 000 Sklavenarbeitern in Europa zitiert. Die Medienberichte bleiben nicht ohne Wirkung. Die Menschen sorgen sich und fordern die Politik zum Handeln gegen den Handel mit Menschen auf.

Eine Szene aus dem Wahlkampf in Deutschland

9. September 2013. Wahlarena. Die Kanzlerin beantwortet im Vorfeld der Bundestagswahlen Fragen von Bürgerinnen und Bürgern. Schlechte Arbeitsbedingungen spielen in vielen Fragen eine Rolle. Die Kanzlerin wird auf Missstände in der Pflege, bei Werkverträgen und in der Leiharbeit aufmerksam gemacht. Dann konstatiert eine Bürgerin, dass Deutschland mittlerweile als „Puff Europas“ genannt werde und dass sehr viel Menschenhandel stattfinde.

„Meine Frage an Sie: Was werden Sie konkret in den nächsten vier Jahren tun, damit Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland endlich abgeschafft – oder ja –  abgeschafft wird?“

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Studie von Pro Asyl: Völkerrechtswidrige Push Backs – europäische Komplizenschaft

Pressemitteilung von Pro Asyl

Der neue PRO ASYL-Bericht “PUSHED BACK” beleuchtet völkerrechtswidrige Zurückweisungen von Flüchtlingen an der türkisch-griechischen Land- und Seegrenze und stellt die Frage nach der Mitverantwortung der Europäischen Union.

„Zwei kamen mit uns. Zwei maskierte Männer und der Kapitän waren an Bord. Zwei standen am Strand. Sie befestigten eines unserer Boote mit einem Seil und zogen uns zurück ins Meer. Dann löschten sie die Lichter und ließen nur ein Rücklicht an. Sie riefen: „Geht!“ Sie drängten uns zurück auf unser Boot und behandelten uns wie Tiere. Sie verschwanden. Als sie etwa 100 Meter entfernt waren, machten sie ihre Lichter wieder an.“ (A.K.)

„Sie brachten uns bis in die türkischen Gewässer und warfen uns, einen nach dem anderen, auf unser Boot. Einer von uns fiel ins Meer und wir zogen ihn wieder aus dem Wasser. Sie warfen uns weg, als wären wir Abfall. Dann schnitten sie das Seil durch.“ (A.K.N.)

Push Back von Flüchtlingen

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Mit Razzien gegen Menschenhandel?

Dieser Text ist eine Übersetzung eines Auszugs aus der Studie „The Use of Raids to Fight Trafficking in Persons“ (Die Verwendung von Razzien im Kampf gegen Menschenhandel). Die Studie wurde von Melissa Ditmore für SWP – Sex Workers Project in New York verfasst. Den vollständigen Bericht (Engl.) können Sie hier herunterladen.

Unscharfe Begriffe: „Razzia“ und „Rettung“

Die Begriffe „Razzia“ und „Rettung/retten“ werden oft verwendet, um Polizeiaktionen gegenüber Prostitution und Menschenhandel zu beschreiben. Während das Wort „Razzia“ impliziert, dass Täter verhaftet und bestraft werden, und das Wort „Rettung/retten“ sich darauf bezieht, dass jemand aus einer gefährlichen Situation geholt wird, werden die beiden oft synonym verwendet und und Unterschiede ausgeblendet. „Gerettete“ Menschen werden oft ähnlich behandelt wie jene, die in Polizeirazzien aufgegriffen werden. In Asien werden Prostitution und Menschenhandel von Polizei und NGOs […] so stark vermischt, dass sich dort der Begriff „Rettungs-Razzien“ verbreitet hat.[1] Jene Akteur_innen, die in diese „Rettungen“/Razzien involviert sind, erkennen auch an, dass deren Abläufe und Ergebnisse oft dieselben sind. Holly Burkhalter, derzeit Vizepräsidentin für Government Relations bei der International Justice Mission (IJM), einer religiösen Organisation, die Razzien in asiatischen Bordellen durchführt, schrieb in der Washington Post vom 8. Dezember 2003: „Es gab ein paar erfolgreiche Rettungen in Indien, Kambodscha und Thailand, bei denen die Polizei Razzien in Bordellen durchgeführt hat und die jüngeren Mädchen in Rehabilitationseinrichtungen gebracht hat. Aber die meisten Razzien in Bordellen haben auch dazu geführt, dass erwachsene Sexarbeiter_innen verhaftet und abgeschoben wurden.“[2]

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Vortrag von Ina Hunecke zum Prostitutionsgesetz, seine Hintergründe und Geschichte

Die Rechtswissenschaftlerin Ina Hunecke und Autorin von „Das Prostitutions­gesetz und seine Umsetzung“ hielt am 29.01.2013 einen Vortrag zum Thema „Die Entstehung und Umsetzung des Prostitutionsgesetzes“ an der Universität Kiel. Sie spricht u.a über die Geschichte der Prostitution, das deutsche Prostitutionsgesetz, den Umgang der Medien und zuletzt über das schwedische Modell.

Der Vortrag kann hier als Video gefunden werden.

Warum ich den Appell gegen Prostitution der EMMA und von Alice Schwarzer ablehne

Dieser Beitrag wurde ursprünglich veröffentlicht auf kleinerdrei.org.

90 Prominente aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft haben Alice Schwarzers Appell gegen Prostitution unterzeichnet. Am 7. November 2013 erscheint Alice Schwarzers neues Buch „Prostitution – Ein deutscher Skandal. Wie konnten wir zum Paradies der Frauenhändler werden?“ Weder das Buch, die ausgezeichnet geplante PR-Kampagne oder die Unterschriften der Prominenten machen die Forderungen und Argumente im Appell sinnvoller.

Prostitution ist keine Sklaverei   

Der peinliche Fehler in der (angeblichen) Investigativrecherche der Welt am Sonntag über Prostitution

Vor einigen Wochen hatten des Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) und der KOK e.V. zu einer Pressekonferenz zum Thema Opferschutz in der Bekämpfung von Menschenhandel eingeladen.

In der gestern in der Welt am Sonntag veröffentlichten (angeblichen) Investigativrecherche ist zwar ein langes Interview mit Frau Schwarzer drin, während das DIMR und der KOK (obwohl sie die eigentlichen Expert_innen zu diesem Thema sind) nur am Ende in einem Beitrag erwähnt werden.

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In der Presse: Appell für und gegen Prostitution

Am Montag veröffenlichten Alice Schwarzer und die EMMA-Zeitschrift ihren Appell gegen Prostitution. Am Tag darauf wurde der Appell für Prostitution durch Sexarbeiter_innen bzw. durch den Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen veröffentlicht und von mir mitgezeichnet und unterstützt.

Warum unterstütze ich den Appell der Sexarbeiter_innen, obwohl ich mich gegen Menschenhandel engagiere? Ich müsste doch Prostitution auch abschaffen wollen? An dieser Stelle möchte ich ein paar kurze Gründe darlegen, warum ich mich für den Appell für Prostitution entschieden habe:

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Zehn Jahre Prostitutionsgesetz und die Kontroverse um die Auswirkungen

Autorinnen: Barbara Kavemann, Elfriede Steffan für bpd.de (19.2.2013)

Am 1. Januar 2002 trat mit dem „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ (Prostitutionsgesetz – ProstG) in Deutschland eine der modernsten und liberalsten Regelungen in Europa in Kraft. Danach ist Prostitution nicht mehr sittenwidrig und Verträge zum Zwecke der Ausübung der Prostitution, beispielsweise bei der Anmietung eines Gewerberaumes oder zwischen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern und Kunden haben auch vor Gericht bestand. Mit Einführung des Gesetzes wurden gleichzeitig einige Paragrafen des Strafgesetzbuches abgeschafft, die zum Beispiel die (Selbst)-Organisation von Prostituierten und die Gestaltung von deren Arbeitsbedingungen betrafen. Andere Strafrechtsnormen wie beispielsweise §181a StGB (Verbot der Zuhälterei) §184e StGB (Verbot der Prostitution an bestimmten Orten oder Tageszeiten) und §184f StGB (Verbot der „Jugendgefährdenden Prostitution“ in der Nähe von Schulen oder im selben Wohnhaus sowie für unter 18-Jährige) sowie das Verbots des „Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung“ (§232 StGB) bleiben bestehen und sind ebenfalls maßgeblich für die gesellschaftliche und rechtliche Behandlung des Themas.

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Mythen der Prostitution

eidgenossin

Mythen der Prostitution

Früher gab es zwei Sorten von Frauen, die Anständigen und die Unanständigen, die Ehrbaren und die Huren.

Prostitution zementiert diese Unterteilung der Frau. Das Magazin Emma rief deshalb eine Petition ins Leben, um die Abschaffung der Prostitution zu fordern. Das Magazin, und mit ihm viele Feministinnen, haben aber ihre Hausaufgaben nicht gemacht: wenn die Prostitution abgeschafft werden könnte, würde das nichts am Rollenbild Mann/Frau ändern. Denn in den Köpfen würde es weiterhin zwei Sorten Frauen geben: die Unabhängigen und die Opfer. Entweder sind sich die Befürworterinnen dessen nicht bewusst, oder sie wollen es sogar so, da sie in dieser Konstellation ja zweifelsfrei zu den „besseren“ Frauen gehören.

Dass Prostituierte schon immer stigmatisiert wurden, ist ein Mythos. Im Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit galten sie als ehrbare Frauen, einfach dem unteren Stand angehörend. Die Bordelle befanden sich im Besitz von Städten, Klöstern und der Kirche. Dirnen nahmen…

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Appell gegen die Ehe

von Anonym

Die heterosexuelle Ehe  ist „die älteste Institution der Welt“? Ehe ist „eine Lebensform wie jede andere“? Die Ehe wird es immer geben, denn ihre Abschaffung ist utopisch? Falsch. Auch die Abschaffung der Leibeigenschaft galt vor gar nicht so langer Zeit noch als Utopie. Und auch wenn die Leibeigenschaft aus unserer Welt keineswegs ganz verschwunden ist, so wäre es heutzutage für einen aufgeklärten, demokratischen Staat doch undenkbar, die Leigeigenschaft zu tolerieren oder gar zu propagieren.

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APPELL FÜR PROSTITUTION – für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit

Appell für Prostitution –
Für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen in der Sexarbeit

Prostitution ist keine Sklaverei. Prostitution ist eine berufliche Tätigkeit, bei der sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden. Ein solches Geschäft beruht auf Freiwilligkeit. Gibt es keine Einwilligung zu sexuellen Handlungen, so handelt es sich nicht um Prostitution. Denn Sex gegen den Willen der Beteiligten ist Vergewaltigung. Das ist auch dann ein Straftatbestand, wenn dabei Geld den Besitzer wechselt.

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EU-Gipfel nach den Katastrophen vor Lampedusa (Pro Asyl)

Presseerklärung von Pro Asyl, 23.10.2013

Betroffenheitserklärungen sind angesichts geplanter Maßnahmen unglaubwürdig
PRO ASYL appelliert: Tödliche Abschottungspolitik beenden

Vor dem morgen beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zeichnet sich ab, dass Regierungen der EU-Staaten auch nach den Katastrophen vor Lampedusa die bisherige Abschottungspolitik weiter perfektionieren wollen. „Vor diesem Hintergrund sind die zu erwartenden Betroffenheitserklärungen absolut unglaubwürdig“, so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

PRO ASYL appelliert an die Staats- und Regierungschefs der EU, die falsche Weichenstellung der EU-Innenminister zu korrigieren. Diese wollen Frontex weiter ausbauen, die Grenzüberwachung perfektionieren und Transitstaaten wie sogar Herkunftsstaaten in die Abwehr von Flüchtlingen einbinden. Im Entwurf der Abschlusserklärung heißt es, existierende Maßnahmen sollten effektiver genutzt werden, „insbesondere in Hinblick auf Kooperationen mit den Herkunfts- und Transitstaaten, Aktivitäten von Frontex und den Kampf gegen Schleusung und Menschenhandel“.

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Frontex: Leben retten oder kontrollieren?

Autor: Frontexit (Originaltitel: „Frontex: Controlling or saving lives?„)

Sechs Tage [inzwischen sind es 16] nach der „Tragödie von Lampedusa“, nachdem die Suche nach den Schiffbrüchigen lange weiterging und die Zahl der geborgenen Leichen täglich stieg, sendete die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, eine irreführende Meldung aus: Die Beschleunigung der Installation von Eurosur und der Einsatz zusätzlicher Ressourcen für eine groß angelegte, von Frontex koordinierte Such-und Rettungsaktion im Mittelmeer, um Boote von Flüchtlingen besser aufzuspüren, seien die Lösung, um Todesfälle auf See zu verhindern.

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18. Oktober EU Tag gegen Menschenhandel – Frauenhandel: Prävention und Opferschutz ausbauen

Autor: LEFÖ. Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen (PDF)

LEFÖ„Frauenhandel ist eine Verletzung von Menschen- und Frauenrechten. Das heißt: Im Zentrum aller Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels müssen die Rechte der Betroffenen stehen“, sagt die Leiterin der Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandel (LEFÖ-IBF), Evelyn Probst. Sie ortet weiteren Handlungsbedarf beim Ausbau der Rechte der Betroffenen sowie bei Prävention und Opferschutz.

Forderungen, Sexarbeit zu verbieten, wie sie in letzter Zeit wieder laut geworden sind, sieht LEFÖ kritisch. „Ein Verbot von Sexarbeit ist keine geeignete Maßnahme zur Bekämpfung des Frauenhandels. Das stärkt die Position der Frauen nicht, im Gegenteil, das stigmatisiert und kriminalisiert sie. Außerdem ist Sexarbeit nur ein Arbeitsbereich, in den Frauen gehandelt werden; die Forderung, Sexarbeit zu verbieten, ignoriert die Situation von Frauen, die in der Hausarbeit oder der Landwirtschaft ausgebeutet werden, völlig. Egal, in welchem Arbeitsfeld Frauen ausgebeutet werden – ihnen ist nur geholfen, wenn ihre Rechte gestärkt werden.“

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Deutsches Institut für Menschenrechte zu Menschenhandel: Rechte der Betroffenen stärken

Autor: Deutsches Institut für Menschenrechte

Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert den neuen Bundestag und die künftige Bundesregierung auf, zügig einen umfassenden Gesetzentwurf zu Menschenhandel vorzulegen, der die Rechte der Betroffenen stärkt.
„Weder hat Deutschland die EU-Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt, noch die Verpflichtungen aus der Europaratskonvention zur Bekämpfung von Menschenhandel erfüllt. Eine gesetzliche Stärkung der Aufenthalts- und Entschädigungsrechte von Betroffenen ist jetzt dringend erforderlich“, erklärte Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa am Deutschen Institut für Menschenrechte.

„Dabei sollten Betroffene von Menschenhandel einen Aufenthaltstitel unabhängig davon erhalten, ob sie bereit sind, in einem Strafverfahren gegen die Täter mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren; zumindest aber diejenigen Betroffenen, die als Zeuginnen ausgesagt haben, sowie minderjährige Betroffene und diejenigen, die ihre eigenen Rechtsansprüche auf Lohn und Schadenersatz in Deutschland durchsetzen wollen“, so Follmar-Otto weiter. „Auch muss allen Betroffenen ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz eingeräumt werden.“

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Datenschutz, Menschenrechte und die Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels: eine Herausforderung im digitalen Zeitalter

Autor: Thilo Weichert

Kommentar der Redaktion: Dieser Vortrag wurde am 25. September 2013 auf der Konferenz des datACT-Projektes „Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung für marginalisierte Gruppen: eine neue Herausforderung in der Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels“ in Berlin gehalten, die vom KOK e.V. und La Strada International organisiert wurden. Auf der Konferenz des Projekts datACT befassten sich NGOs und Datenschutz-AktivistInnen mit der Frage des Datenschutzes im Bereich der Bekämpfung und Prävention von Menschenhandel. Ein Beitrag von Sonja Dolinsek und Silvia Oitner über die Konferenz ist auch auf netzpolitik.org erschienen.

Als ich gefragt wurde, ob ich mich an der heutigen Konferenz aktiv beteiligen würde, habe ich spontan zugesagt, da das Thema „Datenschutz bei der Bekämpfung von Menschenhandel“ äußerst spannend klang. Mir war klar, dass eine direkte Beziehung zu einem Thema besteht, mit dem ich mich in der Vergangenheit über Jahre hinweg intensiv beschäftigt habe: das Thema des Datenschutzes für Ausländerinnen und Ausländer, insbesondere auch für Asylsuchende, in Deutschland.

Als ich mich mit diesem neuen Thema näher befasste, wurde mir schnell klar, dass hier viele unbeantwortete Fragen auf Antworten warten und dass eine Vielzahl bestehender Konfliktlagen normativ und empirisch intensiv untersucht werden müssen. Für die offensichtlich bestehenden grundsätzlichen Konflikte gibt es zudem keine oder zumindest keine befriedigenden Lösungen. Insofern war und bin ich neugierig auf die Ergebnisse der Studie datACT, also der Untersuchung über „data protection in anti-trafficking action“.

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Menschenschmuggel ist eine Reaktion auf Grenzkontrollen, nicht die Ursache der Migration

Autor: Hein de Haas; Urpsrünglich erschienen unter dem Titel „Smuggling is a reaction to border controls, not the cause of migration„)

Die Katastrophe des Untergangs eines Bootes am 3. Oktober vor der Küste von Lampedusa, die Hunderten von Flüchtlingen und Migranten das Leben kostete, hat bei Regierungen und internationalen Organisationen bereits zu Forderungen nach einem härteren „Durchgreifen gegen Schmuggel“ geführt. Im vergangenen Jahrzehnt war dies die übliche Reaktion, wenn solche Tragödien an den südlichen Küsten Europas geschahen.

Allerdings dreht eine solche Argumentation die Kausalität der Dinge auf den Kopf. Es sind die Grenzkontrollen, die Migranten gezwungen haben, gefährlichere Routen zu nehmen und die sie immer mehr von Schmugglern abhängig machten, um die  Grenzen zu überqueren. Schmuggel ist mehr eine Reaktion auf Grenzkontrollen, als eine Ursache der Migration an sich. Ironischerweise werden weitere Verschärfungen der Grenzkontrollen Migranten und Flüchtlinge dazu zwingen, noch mehr Risiken einzugehen und sie werden ihre Abhängigkeit von Schmugglern nur erhöhen.

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Fischindustrie: Sklaverei auf hoher See

Anfang September 2013 veröffentlichte  die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) einen Bericht über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf thailändischen Fischerbooten. In den vergangenen zwei Jahren hatten auch die Environmental Justice Organisation sowie der Journalist Benjamin Skinner über Menschenhandel, Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung in der Fischindustrie berichtet. Die Berichte sollen den öffentlichen Druck auf die thailändische Regierung sowie Unternehmen in der Fischindustrie erhöhen.

Auf thailändischen Fischerbooten arbeiten sie sieben Tage die Woche, oft bis zu 20 Stunden am Tag und sind mehrere Monate oder Jahre auf hoher See, ohne Kontakt zur Familie. Sie werden geschlagen, gefoltert und manch einer von ihnen wird nicht mehr lebend zurückkehren. Viele versuchen von den Fischerbooten zu flüchten. Wenn sie es schaffen, kehren sie oft krank nach Hause zurück. (EJF)

Dies gehört zum Alltag vieler Migranten aus Burma, Indonesien oder Kambodscha, die auf thailändischen oder auch auf südkoreanischen Fischerbooten arbeiten. Agenturen versprechen den Migranten gutes Geld, doch auf den Booten werden sie ausgebeutet. Wie Sklaven werden sie mit Gewaltandrohung zur Arbeit gezwungen. Ihre Arbeit wird oft unzureichend oder gar nicht entlohnt. Laut dem Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gaben 17 % von den 596 Befragten Arbeitern auf thailändischen Fischerbooten an, gegen ihren Willen auf den Booten zu arbeiten. Die Arbeiter auf diesen Booten sind die Verlierer des globalen Fischhandels. Von staatlicher Seite wird nicht ausreichend unternommen, um diese Zustände zu beenden und Unternehmen haben kaum Interesse daran, diese billigen Arbeitskräfte in ihren Zulieferketten los zu werden.

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Manifest der SexarbeiterInnen in Europa (2005)

Wir kommen aus vielen verschiedenen Ländern und aus unterschiedlichen Verhältnissen, aber wir haben entdeckt, dass wir bei unserer Arbeit und in unserem Leben mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben.In dem vorliegenden Dokument erkunden wir die gegenwärtigen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, die unser Leben und die Sexindustrie bestimmen, wir fragen nach deren Ursachen, nehmen eine Position dazu ein und stellen sie infrage. Wir stellen darin unsere Sicht derjenigen Dinge dar, die geändert werden müssen, um eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, in der SexarbeiterInnen, deren Rechte und deren Arbeit anerkannt und geachtet werden.
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Dieses Manifest wurde von 120 SexarbeiterInnen aus 26 Ländern auf der Europäischen Konferenz  zu Sexarbeit, Menschenrechten, Arbeit und Migration, die vom 15. bis 17. Oktober 2005 in Brüssel, Belgien stattfand, erarbeitet und verabschiedet.
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Jenseits von Toleranz und Mitleid Für die Anerkennung von Rechten
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Wir leben in einer Gesellschaft, in der Dienstleistungen angeboten und nachgefragt werden. Sexarbeit ist eine davon. Sexuelle Dienstleistungen anzubieten, sollte nicht kriminalisiert werden.Es ist nicht akzeptabel, SexarbeiterInnen aufgrund religiöser oder sexualmoralischer Überzeugungen zu verurteilen. Alle Menschen haben das Recht, eine persönliche Auffassung zu Religion und Sexualmoral zu haben. Aber sie sollte keinem anderen Individuum aufgezwungen werden oder irgendeine politische Entscheidung beeinflussen.Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der SexarbeiterInnen ihre soziale Existenzberechtigung nicht abgesprochen wird.Wir verurteilen die Scheinheiligkeit unserer Gesellschaften, in denen unsere Dienste in Anspruch genommen werden, aber unser Beruf oder unsere Unternehmen nicht legalisiert sind. Derartige Gesetzgebungen führen zu Missbrauch und zum Verlust unserer Selbstbestimmung bezüglich unserer Arbeit und unseres Lebens.Wir lehnen die Kriminalisierung von SexarbeiterInnen, ihrer PartnerInnen, KundInnen, ManagerInnen und aller anderen Personen, die im Bereich der Sexarbeit tätig sind, ab. Diese Kriminalisierung verwehrt SexarbeiterInnen den gleichberechtigten Schutz durch das Gesetz.

Migration spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu begegnen. Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, die grundlegenden Menschen- Arbeits und Bürgerrechte für MigrantInnen anzuerkennen und zur Anwendung zu bringen.

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Menschenhandel und legale Prostitution: Ein Interview mit Axel Dreher (Uni Heidelberg)

Anmerkungen der Redaktion: Axel Dreher, Professor für Internationale Wirtschafts- und Entwicklungspolitik an der Universität Heidelberg, ist Mitautor einer viel zitierten Studie über den (theoretischen) Zusammenhang zwischen legaler Prostitution und Menschenhandel „Does Legalized Prostitution Increase Human Trafficking?“. Über diese Studie gibt es auch auf „menschenhandel heute“ zwei kritische Beiträge jeweils von mir und von LEFÖ, Wien Ein kritischer Beitrag ist auch auf Forbes erschienen. 

Die Studie von Axel Dreher & Co. wird gerne zitiert, um das Scheitern des deutschen Prostitutionsgesetzes zu verkünden oder, im Ausland, um gegen eine Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Prostitution zu argumentieren. Auch entsteht der Eindruck, dass in den deutschen Medien die Studie eingesetzt wird, um insbesondere die SPD und Bündnis90/Die Grünen für die empirisch nicht belegbare Zunahme des Menschenhandels verantwortlich zu machen, obwohl damals die CDU ein umfassenderes Prostitutionsgesetz blockierte, wodurch viele Schwächen von vornherein vermieden hätten werden können.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich dazu entschlossen, Prof. Axel Dreher für ein Interview anzufragen. Schließlich ist die oben genannte Studie differenzierter als die schockierende Meldung, die es in die Medien schafft. Auch habe ich mich gefragt, ob Herr Dreher nicht vielleicht auch mehr zu sagen hat, als „legale Prostitution fördert Menschenhandel“. Ich hoffe, dass dieses (schriftlich geführte) Interview dazu beiträgt, einige Ansichten von Herrn Dreher der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Antworten von Herrn Dreher werden vollständig und unverändert veröffentlicht. Die Fragen wurden von Sonja Dolinsek gestellt.

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Der Yellamma Kult. Tempelprostitution in Indien – Gesetzesverbot wird übergangen

Karnataka

Die Region Karnataka, Indien.
Quelle: OpenStreetMap

Im indischen Bundesstaat Karnataka verheiraten Dalit Priester tausende junge Frauen und Mädchen der untersten Kaste mit der Göttin „Yellamma“.* Yellamma gilt als „Mutter der ganzen Welt“, als Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin. Fast in jedem Dorf in Karnataka lebt mindestens eine geweihte Frau – eine „Jogini“ –  in einem Tempel. Diese sind nicht nur für bestimmte rituelle Zeremonien zuständig. Sobald sie die Pubertät erreicht haben, müssen sie den Dorfbewohnern sexuell zur Verfügung stehen. Die meisten „Joginis“ müssen ihr Leben lang in Tempeln als „Prostituierte“ arbeiten. Manche von ihnen werden jedoch auch von Menschenhändlern in die Bordelle der nächsten Großstadt verschleppt. Dort zwingen sie die Frauen zur Prostitution. Diese  „Zwangsprostitution“ wird durch den „Yellamma Kult“ legitimiert.

Gesetzliche Verbote haben daran bis heute nichts geändert und der Kult findet weiter im Verborgenen statt. Es muss vermehrt Aufklärung betrieben werden, denn viele Menschen glauben weiterhin an diesen Kult. Es ist ein Teufelskreis, der sich nicht einfach durch Gesetzeserlasse durchbrechen lässt. Die Aktivistin Grace Nirmala vom „Andhra-Pradesh Komitee gegen das Jogini System“ formulierte es so:

„Die Leute müssen endlich verstehen, dass das Jogini-System nichts mit Spiritualität oder Religion zu tun hat. Es ist Ausbeutung, die durch das Kastensystem legitimiert wird.“

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Zum medialen Umgang mit dem Thema Menschenhandel im Jahr 2013 – ein kritischer Zwischenruf

Autorin:  Dorothea  Czarnecki,  KOK  e.V.

Mitarbeit:  Jennifer  Pross

Der bundesweite Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess – KOK e.V. setzt sich für Betroffene von Menschenhandel und für gewaltbetroffene Migrantinnen ein. Der KOK e.V. bildet nicht nur bundes‐, sondern auch europaweit die einzige Koordinierungsstelle mit diesem Fokus und vernetzt erfolgreich alle in diesem Bereich tätigen deutschen NGOs.

1987 von Fachberatungsstellen gegründet, die Betroffene von Menschenhandel unter‐stützen, und 1999 als Verein eingetragen, vereint der KOK e.V. heute 37 Mitgliedsorganisationen unter seinem Dach. Im KOK sind dabei neben den in Deutschland arbeitenden spezialisierten Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel auch andere Organisationen, die sich mit diesem Themenbereich auseinandersetzen, vertreten. Dies sind u.a. Frauenberatungsstellen, Migrantinnen‐Projekte, Frauenhäuser, Prostituiertenberatungsstellen und Wohlfahrtsverbände. Gemeinsames Ziel ist es, für wirksame Verbesserungen der bestehenden Verhältnisse im Bereich von Menschenrechtsverletzungen einzutreten, wie zum Beispiel für einen würdigen Umgang mit den Betroffenen.

Hochs und Tiefs des medialen Interesses

Inwieweit Personen, die dem Menschenhandel zum Opfer gefallen sind, von der Gesellschaft und den Behörden Respekt und Achtung entgegengebracht wird, hängt nicht unerheblich davon ab, wie Presse und Medien über das Thema berichten. Menschenhandel und Ausbeutung stellten lange Zeit keine Themen dar, die bei der Presse auf großes Interesse stießen. Noch 2009 bemerkte Hestermann, Menschenhandel geschehe im Schatten medialer Aufmerksamkeit (1). Lediglich Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft 2006 holten das Thema kurzzeitig ans Tageslicht. Doch nach einer medial inszenierten Drohkulisse (2), die vorwiegend auf die Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch irreguläre Migration abzielte, verschwand der Menschenhandel größtenteils wieder aus der Presse. Was blieb, sind die medial vermittelten und gesellschaftlich verbreiteten Opferbilder von „Zwangsprostituierten“, gegen die sich der KOK e.V. alsFachverband an dieser Stelle kritisch äußern möchte.

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Alice Schwarzer und Sabine Constabel polarisieren die Debatte um Prostitution – in die falsche Richtung

Vor inzwischen fast drei Wochen löste Alice Schwarzer in der taz eine Debatte um Prostitution aus. Den eingeplanten, letzten Beitrag von Sabine Constabel hätte die taz nur nach einer Überarbeitung veröffentlicht. So kam der Beitrag in die EMMA – inklusive einer Zensur-Anschuldigung. Über diese ganze Debatte habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Eine kurze Einschätzung gibt es auch bei W&V.
Nachtrag: Am 11.09.2013 ist ein weiterer Artikel von Monika Frommel zu diesem Thema in der taz erschienen, den ich sehr empfehle.

Als ich Sabine Constabels Replik auf Dona Carmens Replik auf Alice Schwarzers etwas verkürzten Angriff auf die Grünen gelesen habe, war ich froh, dass diese in der EMMA erschienen war. Dort passt sie einfach besser hin. Wegen der angeblichen Zensur bei der taz kann man sich aufregen, aber vielleicht auch nicht. Mein Profil und meine Seite sind schon sehr lange auf Emma blockiert, nachdem Kommentare ohne Vorwarnung gelöscht wurden. Zensur habe ich von Seiten der EMMA erfahren, die sicherlich auch diesen kritischen Beitrag nicht veröffentlichen würde. Dennoch habe ich kein Recht darauf, einen Begriff wie „Zensur“ in diesem Kontext zu verwenden. Ich kann eben auch woanders schreiben und der Staat verbietet es mir (noch) nicht. Auch Constabels Ansicht ist letztendlich nach außen gekommen und sie ist sichtbar. Zensur heißt in meinen Augen etwas anderes, nämlich Unsichtbarmachung, bewusste und gezielte Unterdrückung von Meinungen – tendenziell durch den Staat. So lange es irgendeine Plattform gibt, auf der Frau Constabel sich äußern kann, ist das keine Zensur. Wenn Emma das Gegenteil behauptet, dann hat EMMA eben auch meine Beiträge zensiert.  Aber darum geht es mir hier nicht. Hier möchte ich ein paar Begriffe und Themen anders aufrollen, als es in den letzten Jahren in Deutschland üblich ist – anders als es EMMA, Alice Schwarzer und Sabine Constabel tun.

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Sondernutzungsgebühr für „Lustmobile“? (Gastbeitrag)

Anmerkung der Redaktion: Seit einigen Monaten wird zunehmend über die Besteuerung von sogenannten „Lustmobilen“, also von Prostitution in Wohnwagen, gesprochen. Besonders intensiv wird aktuell in Koblenz darüber debattiert. Dabei geraten Themen und Argumente oft durcheinander. So wird diese Besteuerung auch mit Verweis auf die Bekämpfung des Menschenhandels gerechtfertigt – eine Verknüpfung, die fragwürdig und empirisch nicht fundiert ist.

Vor diesem Hintergrund veröffentlichen wir die kritische Stellungnahme der in Koblenz vor Ort tätigen Beratungsstelle für Prostituierte ‚Roxanne‘. Die Stellungnahme kann auch auf der Homepage von Roxanne abgerufen werden.

Stellungnahme zum aktuellen Geschehen in Koblenz

In den vergangenen Wochen ist das Thema „Prostitution“ immer wieder in der Koblenzer Medienlandschaft aufgegriffen worden und eine entsprechende Diskussion ist augenscheinlich in Bewegung gekommen.

Mit Bedauern stellt die Koblenzer Prostituiertenberatungsstelle ROXANNE allerdings fest, dass – wie so oft – Begriffe wie Menschenhandel, Kriminalität und Zwangsprostitution mit der Sexarbeit synonym gesetzt werden. Weiterlesen →

Motive der männlichen Nachfrage nach käuflichem Sex (crossposted)

Autor: Udo Gerheim für bpb.de (19.2.2013)

In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit der Frage, aus welchen empirisch bestimmbaren Gründen, heterosexuelle Männer käuflichen Sex nachfragen. Trotz unzureichender Datenlage vertrete ich die These, dass nur ein geringer Teil der bundesrepublikanischen Männer Prostitutionssex dauerhaft nachfragt. Die Gründe hierfür können aus der hybriden und „zerrissenen“ Struktur des Prostitutionsfeldes abgeleitet werden, die zum einen Zugänge zur Prostitution rechtfertigt, zum anderen aber die Nachfragepraxis mit delegitimierender Ambivalenz belegt. Dieser Artikel wird einige dieser Aspekte näher beleuchten und im Schwerpunkt ergründen, welche spezifische Anziehungskraft Prostitution auf die männliche Nachfrageseite ausübt, wie sich der individuelle Weg in dieses Feld hinein im Konkreten gestaltet und wie sich die dortigen Machtverhältnisse darstellen.[1]

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Besuch von Frau Lee in Deutschland: Eine der letzten überlebenden „Trostfrauen“

Pressemitteilung des Koreaverbandes e.V. (PDF)

Lee Ok-SeonBesuch von Frau Lee: Eine der letzten überlebenden „Trostfrauen“ in Deutschland

„Ich möchte, dass jeder weiß, welches Schicksal wir als „Trostfrauen“ erleiden mussten. Diese schrecklichen Erlebnisse tragen wir bis heute in uns. Die Geschichte des „Trostfrauen-Systems“ darf sich nicht wiederholen“, so die 86-Jährige. LEE Ok-Seon gehört zu den ca. 200.000 ehemaligen sogenannten „Trostfrauen“, die während des Asien-Pazifik-Krieges (1937-45) vom japanischen Militär verschleppt und zur Sexsklaverei gezwungen wurden.

Der Korea-Verband Berlin lädt vom 29. August bis 08. September 2013, die 86-jährige Süd-Koreanerin Lee Ok-Seon ein, zur geschichtlichen Aufarbeitung und zur Verhinderung des Kriegsverbrechens der militärischen sexuellen Versklavung in fünf deutschen Städten zu sprechen sowie auf aktuelle  Situationen hinzuweisen. Zu den Veranstaltungen sprechen neben der Zeitzeugin Expert_innen aus Wissenschaft, Politik, Kirche und Menschenrechtsorganisationen.

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Soll man die „Zigeunersoße“ umbenennen? – Gründe die dafür sprechen. Eine Artikelsammlung

Hier ein paar Hintegrundartikel zum Thema Diskriminierung, Ausgrenzung und Stigmatisierung von Sinti und Roma. Aus Zeitgründen, kann es kein Artikel werden.

Interview zum Holocaust-Gedenktag „Zigeuner ist eine Beleidigung“

Neonazis stürmen Wohnviertel, um Roma zu lynchen

NS-Verfolgung von „Zigeunern“ und „Wiedergutmachung“ nach 1945

Geschichte der Vlach-Roma (und ihrer Versklavung)

Europa erfindet die Zigeuner, um sie zu verachten

Hungary’s Roma: Living on the edge. Roma killers face justice, but the community still suffers from poverty and social exclusion.

Wikipedia-Artikel zum Thema „Antiziganismus

Gutachten zu Antiziganismus. Hartnäckig ignoriert

Für weitere Links sind wir dankbar.

Der Weg zu einem besseren Leben: Eine alternative Perspektive auf Menschenhandel (Gastbeitrag)

Autor: Christian Groes-Green (Anthropologe und assistant professor an der Roskilde Universitet in Dänemark)

Mosambik zählt zum Hauptkorridor des Menschenhandels in die Rotlichtviertel Südafrikas. Dort träumen arme junge Frauen davon, in ein reiches Land zu ziehen, wo sie in der Lage sind, für sich und ihre Angehörigen zu sorgen. Maria, eine 21 Jahre junge Frau, erzählte mir: ‚Wenn ich nur nach Amerika oder Europa kommen könnte, würde meine Familie nicht mehr leiden, und ich konnte mich um sie kümmern.“ Als ich eine großangelegte ethnographische Studien unter jungen Frauen in der seit 2007 mosambikanischen Hauptstadt Maputo durchführte, begann ich zu verstehen, warum viele Frauen innerhalb der sexuellen Ökonomien Afrikas migrierten, um das Wohlergehen ihrer Familien sicherzustellen und warum einige von ihnen hoffen, letztendlich in einem westlichen Land zu landen, trotz der damit verbundenen Risiken (Adepujo 2003; Cole 2004; Hunter 2007). Der erste Schritt der Reise der jungen mosambikanischen Frauen führt in die Hauptstadt Maputo oder in südafrikanische Städte, wo sie durch transaktionalen Sex mit sogenannten „sugar-daddies“, als erotische Tänzerinnen in Sexclubs oder in Bordellen versuchen ein Einkommen zu erwirtschaften (Groes-Green 2011). Aber im Versuch nach Europa, den USA oder in die Finanzzentren Südafrikas zu kommen riskieren sie, in die Fänge von Schleusern oder Menschenhändlern zu geraten, die jeweils für den Transport unter sehr unsicheren Umständen sorgen oder sie in der Sexindustrie ausbeuten (UNESCO 2006).

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Österreich: Flüchtlinge, angebliche Schlepper und ein zynischer Wahlkampf

Schlepperverdacht: Polizei durchsuchte Servitenkloster

Schlepperverdacht: Polizei durchsuchte Servitenkloster

Flüchtlinge werden gerne instrumentalisiert, gerade im Wahlkampf. So hat vergangene Woche das österreichische Innenministerium zusammen mit krone.at angebliche Zahlen und Fakten in die Welt gesetzt, die Flüchtlinge als Schlepper, d.h. als Kriminelle, brandmarken, die unglaubliche Profite erwirtschaftet hätten (die falschen Zahlen reproduzieren wir hier nicht). Diese Zahlen wurden dann von fast allen Medien übernommen – ein unkritisches Kopierverhalten, das auch in deutschen Medien beim Thema Menschenhandel sehr beliebt ist.

So werden Flüchtlinge plötzlich als Menschenhändler gebrandmarkt, die Unmengen an Geld verdienen. Die Vorwürfe wurden in diesem Fall u.a. genutzt, um acht pakistanische Flüchtlinge abzuschieben – mehr Abschiebungen sollen folgen. Flüchtlinge wurden zum Instrument des österreichischen Wahlkampfs. Weiterlesen →

Sex sells: „Spitzenhöschen“ zur Illustration eines Artikels über „Menschenhandel“?

Das wochenblatt.de hat gestern einen Artikel über sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel von Minderjährigen mit diesem Bild illustriert. Man fragt sich, ob das wochenblatt.de der Ansicht ist, das sexuelle Ausbeutung, sexueller Mißbrauch und Menschenhandel „sexy“ sind. Wie sonst kann man sich erklären, dass so ein Bild verwendet wird?! Wobei, man muss sich das nicht fragen. Es ist einfach abartig, unethisch und respektlos gegenüber den jungen Frauen, dass so ein Bild eingesetzt wurde.

Um das Bild zu sehen klicken Sie auf Weiterlesen →

„FBI rettet 105 Jugendliche aus der Prostitution…“

FBI rescues more than 100 children, arrests 150 pimps in sex-trafficking raid | Fox News 2013-07-31 13-54-28Diese Schlagzeile zischt grade durch die weltweiten Newskanäle und das FBI feiert sich als Retter* von 105 „Kinderprostitutierten“. Ferner wurden 150 „Zuhälter und andere Individuen“ verhaftet.

Vor der Kritik: Wir begrüßen jede ernst gemeinte Untersützung von Opfern von kommerziellem sexuellem Missbrauch (aus ethischen Gründen sollte man das nicht „Kinderprostitution“ nennen). Aber bevor wir diese Aktion feiern, müssen wir genauer hinschauen. Denn was die Presse bei dieser unkritischen und nicht weiter vertieften und recherchierten Wiederholung und Reproduktion einer Pressemitteilung des FBI übersieht, ist:

In den USA gelten Minderjährige in der Prostitution nicht immer als Opfer – sie gelten als Kriminelle und werden inhaftiert, weil sie der Prostitution nachgehen. Wer auch immer der Prostitution nachgeht oder sich so verhält, als würde er/sie/* das tun, kann verhaftet werden, egal ob minderjährig oder erwachsen. Noch 2012 hatten nur drei US-Bundesstaaten Minderjährige in der Prostitution entkriminalisiert. In allen anderen Staaten galten sie als Täter_innen. Die offizielle Statistik für 2011 ist deutlich genug: 742 Minderjährige wurden wegen Prostitution verhaftet (Um die Zahlen zu sehen: „National Estimates“ –> „Annual Tables“ –> „Offense by age for females“ –> Generate results“). Im Jahr 1980 waren es noch 2.197 Minderjährige (und um die 60.000 Erwachsene), die wegen Prostitution verhaftet wurden.

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Interview mit Aidan McQuade, Direktor von Anti-Slavery International (englisch)

Abramo, C.W., & Madej, J. (2013): A Thing of the Present: Contemporary Challenges in Battling Slavery and Human Trafficking. An Interview with Dr Aidan McQuade; Director of Anti-Slavery International, in: Merkourios : Utrecht Journal of International and European Law, vol. 29, iss. 77, pp. 76 – 80.

In an increasingly globalized society, many individuals travel outside of their home countries to find employment–what are the greatest challenges to ensuring that states respect the rights and particular vulnerabilities of migrant workers?How are these challenges particular to the vulnerabilities of female migrant workers?

There are a number of vulnerabilities for migrant workers. First there are limited options for safe migration and these options are even more limited for poor people from socially excluded communities. Second many countries maintain rather xenophobic migration regimes. These can be exploited by unscrupulous employers to exclude migrants from the basic protections of rule of law. Third many poor countries don’t take the welfare of their migrating citizens seriously and don’t, for example, assign labour attaches to the embassies of countries to which their citizens travel for work, to assist with standing up for their rights.

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Deutschland, das „Hurenhaus“ und der „Puff Europas“?

Seit dem Artikel „Bordell Deutschland“ genießt der Spiegel in seinen verschiedenen Varianten (Print, Online, TV) weder Vertrauen noch Ansehen auf unserer Seite. Die Berichterstattung zum Thema Prostitution wird fälschlicherweise mit Menschenhandel vermischt und Menschenhandel wird verkürzt auf Prostitution – andere Formen von Menschenhandel existieren beim Spiegel scheinbar schlichtweg nicht. Der Medienkonzern ist für das Fehlen einer sachlichen Debatte über Menschenhandel in Deutschland mit verantwortlich und womöglich auch dafür, dass so manche Opfer nie gefunden werden. Unsere lange Kritik an Bordell Deutschland kann man hier nachlesen (Originalbeiträge beim Spiegel verlinken wir nicht. Sie können dafür gerne eine Suchmaschine nutzen).

Wenn es bislang einfach nur schlechter und einseitiger Journalismus war, der fälschlicherweise den Straftatbestand des Menschenhandels (§232 StGB) mit Prostitution (ProstG) verwechselt, muss man sagen, dass man nun von aktiver Diskriminierung von Sexarbeiter_innen sprechen kann.

Der „Begriff „Hurenhaus“ reflektiert die diskriminierende Attitüde im „Spiegelhaus“

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„Kinderprostitution“ und „Zwangsprostitution“: Eine kleine Medienkritik

Gestern wurde eine Sendung zum Thema „Zwangsprostitution“ und „Kinderprostitution“ (Verkaufte Seelen) im Ersten ausgestrahlt. Der dort zitierte Photograph hat als Einziger die richtige Wortwahl getroffen: Was sich da abspielt, ist „gewerbliche Massenvergewaltigung“.

Dazu haben wir zwei Kommentare, die sich auf alle Dokus, Artikel und Berichte, die diese Begriffe verwenden, anwenden lassen:

Kinderprostitution: Der Begriff „Prostitution“ ist bei Kindern völlig fehl am Platz. Eigentlich ist es gewerbliche Massenvergewaltigung bzw. gewerblicher sexueller Missbrauch (von Minderjährigen). (Tweet zum Re-tweeten)

Zwangsprostitution: Wer nie in die Prostitution wollte, „prostituiert sich“ nicht sondern wird zu gewerblichen Zwecken massenvergewaltigt. (Tweet zum Re-tweeten)

Zu sagen, dass ein junges Mädchen oder ein Kind dazu gezwungen wurde „sich zu prostituieren“, verschiebt den Blick wieder auf das Mädchen, das sich selbst etwas antut, nämlich sich zu prostituieren. Das Verb ist reflexiv und die Verantwortung für die Tat wird sprachlich vollständig auf das „Opfer“ abgewälzt. Somit wird victim blaming gefördert: Letztendlich wird sprachlich auch die Schuld auf das Mädchen, den Jungen, die Frau,  die „Hure“ geschoben.

„Prostitution“ bzw. „Sexarbeit“ ist ein Begriff der per se Freiwilligkeit sowie die Vorstellung, dass „sexuelle Dienstleistungen“ angeboten als Form der Erwerbstätigkeit angeboten werden, beinhaltet. In den beiden oben genannten Fällen, ist der Sex nicht freiwillig.

Unfreiwilligen Sex nennt man in der deutschen Sprache „Vergewaltigung“. Eine Vergewaltigung ist keine „sexuelle Dienstleistung“. Also: Die Verwendung der Begriffe „Zwangsprostitution“, „Kinderprostitution“ sowie „Kinderpornographie“ ist völlig fehl am Platz.

Das alles erfordert eine tiefergehende Auseinandersetzung. Aber erstmal kann sich jede_r Gedanken darüber machen, wie die Art, wie wir über „gewerbliche Massenvergewaltigung“ von Kindern, Frauen und Männern sprechen – nämlich als „sexuelle Dienstleistung“, unser Bild und unsere Politik zu diesem Thema prägt. Kein Wunder, dass der Opferschutz immer noch unzureichend ist.

Kommentare, die zu einer konstruktiven Kritik und Weiterentwicklung dieses Ansatzes beitragen, sind ausdrücklich erwünscht.

Asylsuchende immer häufiger schon bei Einreise inhaftiert

Der Anteil von Asylsuchenden in Abschiebungshaft wird immer größer. Das zeigt eine vom Diakonischen Werk in Hessen und Nassau und PRO ASYL durchgeführte bundesweite Recherche zur Situation in Abschiebungshaft in Deutschland.

In Deutschland werden Asylbewerber grundsätzlich nicht in Haft genommen“, behauptete Bundesinnenminister Friedrich anlässlich der Verabschiedung der neuen EU-Asyl-Regelungen Anfang Juni. Das wäre schön, doch die Realität sieht anders aus. Denn obwohl die Zahl der Abschiebungshäftlinge insgesamt zurückgeht, steigt unter ihnen der Anteil von Menschen, die eben erst als Asylsuchende eingereist sind.

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Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung: Menschenhandel ist vielmehr als Frauenhandel

Strafgesetzbuch: § 233 Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft

(1) Wer eine andere Person unter Ausnutzung einer Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, in Sklaverei, Leibeigenschaft oder Schuldknechtschaft oder zur Aufnahme oder Fortsetzung einer Beschäftigung bei ihm oder einem Dritten zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer stehen, welche die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, bringt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer eine Person unter einundzwanzig Jahren in Sklaverei, Leibeigenschaft oder Schuldknechtschaft oder zur Aufnahme oder Fortsetzung einer in Satz 1 bezeichneten Beschäftigung bringt.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) § 232 Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend. (Quelle)
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Quelle: ILO

Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung sind genauso Formen von Menschenhandel, wie Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Weil Politik und Medien sich aber kaum dafür interessieren, gibt es in Deutschland nahezu keine Verurteilungen wegen Menschenhandel zu Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit. Der Begriff Zwangsarbeit fällt in Deutschland fast nur im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus, wobei dabei die Zwangsprostitution in Lagerbordellen und sexuelle Ausbeutung von Frauen oft vergessen wird.

Doch Zwangsarbeit ist kein Relikt der deutschen Geschichte sondern ein hochaktuelles Problem. Einen Info-Film zu diesem Thema hat das Deutsche Institut für Menschenrechte erstellt.

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Prostituierte zu ihrem Schutz verhaften: Das Augsburger Modell und seine Heuchelei

Twitter : Suche - augsburger straßenstrich Noch vor einem Monat argumentierte auf Twitter Volker Ullrich („Berufsmäßiger Stadtrat und Ordnungsreferent der Stadt Augsburg – CSU-Kandidat für den Deutschen Bundestag im Wahlkreis Augsburg-Stadt“, wie es auf Twitter heißt), dass das Augsburger Verbot der Straßenprostitution der erster „richtige“ Schritt gewesen sei. Daraufhin betonte er:

„in Augbsurg wurde zum Schutz der Frauen die Strassenprostitution verboten. Jetzt ist der BT gefragt!“ (vollständige Unterhaltung auf Twitter)

Heute, am 19. Juli berichtet die Ausgburger Allgemeine über die Inhaftierung von drei bulgarischen Prostituierten (im Alter von jeweils 18, 19 und 25 Jahren), weil sie wiederholt auf der Straße gearbeitet hatten. Die Augsburger Allgemeine schreibt, dass die Frauen trotz „Belehrung“ gegen das Verbot verstoßen hätten. Kritisch hinterfragt wird weder das Gesetz noch der Sinn der Inhaftierung.

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Skandal im Sperrbezirk

Vergleichende Studie Prostitution Niederlande Österreich

von Anja Herberth

Eine internationale Vergleichsstudie nimmt die Prostitutionspolitik in den Niederlanden, Österreich und am Rande Schweden und ihre Folgen genauer unter die Lupe: Welchen Wirkungsgrad haben bestimmte politische Maßnahmen – mit welchem Effekt auf SexarbeiterInnen? Und haben ähnliche Maßnahmen in den verschiedenen Ländern auch einen vergleichbaren Effekt?

Die Städte Den Haag, Utrecht und Rotterdam initiierten aus diesen Fragestellungen ein Projekt, die Zusammenarbeit mit Österreich bot sich an: „Auf Grund des ähnlichen Systems und den Legalisierungstendenzen in beiden Ländern wurde Österreich als Vergleichsland herangezogen“, erklärt die Wiener Sozialwissenschafterin Helga Amesberger vom Institut für Konfliktforschung, die in Österreich die Forschungen leitete.

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19. Juli 2013: Internationaler Protesttag gegen Gewalt und Morde an Sexarbeiter_innen

wordpress-icrse-protest-19-juliVergangene Woche erschütterten zwei Morde an Sexarbeiterinnen in Schweden und in der Türkei Sexarbeiter_innen auf der ganzen Welt. Dadurch wird nun eine erneute Debatte über Gewalt gegen Sexarbeiter_innen und über die Stigmatisierung und Diskriminierung von Sexarbeiterinnen  angeregt. Dabei geht es nicht nur um Schweden und die Türkei sondern um die prekäre rechtliche und gesellschaftliche Situation von Sexarbeiter_innen weltweit.

Eve Marie, oder Jasmine Petite, wie sie sich als Sexarbeiterin nannte, eine schwedische Sexarbeiterin, Sexarbeit-Aktivistin und Board Member der schwedischen Sex Workers‘ Rights Organisation Rose Alliance, wurde vor einigen Tagen von ihrem Ex-Ehemann brutal umgebracht. Sie lag im jahrelangen Streit um das Sorgerecht mit ihm über die gemeinsamen Kinder. Das Sorgerecht wurde durch die Behörden dem gewalttätigen Ehemann zugesprochen, da sie als Sexarbeiterin als nicht geeignet galt. Obwohl sie wiederholt versucht haben soll, Anzeige wegen häuslicher Gewalt und Übergriffen gegen ihn zu erstatten, habe man ihre Hilferufe ignoriert – sie sei ja schließlich eine Sexarbeiterin.  Weiterlesen →

Die Suche nach der perfekten Unterhose

Ein subjektiver Erlebnisbericht von der Ethical Fashion Show Berlin Januar 2013

Wenn auffällig viele gut und schlecht angezogene Menschen in Berlin unterwegs sind, liegt das üblicherweise an der Berlin Fashion Week. Wie soeben in der ersten Juli-Woche. Die halbjährlich stattfindende Messe hat mittlerweile auch eine „eco“-Abteilung, zu der unter anderem die Ethical Fashion Show gehört. Diese Präsentation alternativer Mode ist normalerweise nur Fachpersonal zugänglich. Im Januar dieses Jahres hatte ich die Gelegenheit, die Messe zu besuchen und mich auf die Suche nach ökologisch und sozial akzeptabel hergestellter Unterwäsche zu machen, die gefällt.

Die Ethical Fashion Show ist Teil der Berlin Fashion Week. Wie der Name schon andeutet, geht es bei dieser Messe nicht nur um das Aussehen hipper Menschen, schicke Werbung und Verkaufszahlen, sondern auch um die Bedingungen, unter denen die ausgestellte Kleidung produziert wird. Die Zustände in vielen Textilfabriken, unfreie Arbeitsverhältnisse und ökologische Folgen  des Baumwoll-Anbaus  und der Färbung – von tierischen Materialien wie Leder, Wolle von Schafen oder Seide ganz zu schweigen – machen den Kleidungskauf eher zu einer Bürde als zu einer Freude. Und leider listen Einkaufsführer für vertretbar Weiterlesen →

Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung führender Mitglieder einer Zuhälterbande im Verfahren um sogenannte „Flatrate-Bordelle“

Pressemitteilung des Bundesgerichtshof (BGH) 

Das Landgericht Stuttgart hat die Angeklagten wegen vielfachen gewerbs- und bandenmäßig begangenen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§ 232 StGB*) und damit zusammenhängender weiterer Delikte (Zuhälterei, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Millionenhöhe hat das Gericht wegen vorrangiger Ansprüche geschädigter Sozialversicherungsträger abgesehen. Weiterlesen →

Amnesty International: Griechische Küstenwache setzt das Leben von Flüchtlingen aufs Spiel

Laut einem neuen Amnesty Bericht sind im vergangenen Jahr über 100 Menschen auf dem Weg nach Griechenland ertrunken. Die EU sei mitverantwortlich. 

BERLIN/ATHEN, 09.07.2013 – Die griechische Küstenwache macht Flüchtlingsboote manövrierunfähig und schiebt sie in türkische Gewässer zurück. Sie setzt damit das Leben von Männern, Frauen und Kindern aus Ländern wie Syrien und Afghanistan aufs Spiel, das stellt ein heute vorgestellter Amnesty-Bericht fest. Über 100 Menschen sind seit August 2012 ertrunken als sie versuchten, Griechenland zu erreichen.

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Klischees demontieren. Frauenhandel in den Medien

Dieser Artikel wurde ursprünglich im Rundbrief 52 vom Mai 2013 der FIZ – Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (Zürich) veröffentlicht. Der ursprüngliche Titel lautet lediglich „Klischees demontieren“.

Doro Winkler hat die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der FIZ seit 1998 entscheidend geprägt. Professionell, kompetent und politisch sensibel ist sie heute das Gesicht der FIZ in der Öffentlichkeit. Ende April verlässt sie die FIZ. Anlass für ein Interview von FIZ-Geschäftsführerin Susanne Seytter mit Doro Winkler über die Medienarbeit der FIZ.

Susanne Seytter: Doro, du hast die Aufgabe, ein breites Publikum für FIZ-Themen zu interessieren. Gleichzeitig hat die FIZ auch den Auftrag, Opfer von Frauenhandel vor dem Rampenlicht zu schützen. Gegensätzliche Aufgaben?

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„Sie heißen nicht Natasha“ – Fotoserie auf ZEIT ONLINE

Auf Zeit Online wurde vor einigen Tagen eine Fotoserie mit dem Titel „Sie heißen nicht Natascha“ veröffentlicht. Abgebildet werden junge Frauen und Kinder, Zimmer und Räumlichkeiten, in denen angeblich Zwangsprostitution stattfindet und ein Mann mit einem Baby im Arm, der sagt: „Ich weiß, was mit meiner Frau passiert ist. Es ist nicht ihre Schuld, niemand hat das Recht, über sie zu urteilen“.

Die Fotoserie soll auf das Leid vieler Frauen hinweisen, die einen Wunsch nach einem besseren Leben hatten, der aber gebrochen wurde – von skrupellosen Menschen, die sie stattdessen sexuell ausgebeutet und vergewaltigt haben. Andere Inhalte bleiben hingegen unkommentiert stehen, verdienen aber mehr Aufmerksamkeit und hätten kritisch hinterfragt werden sollen.

Victim Blaming

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Menschenhandel: Nochmal schnell Scheitern am Ende der Legislatur – Ein Kommentar

Gestern fand im Rechstsausschuss des Bundestages eine öffentlichen Anhörung zum Entwurf „eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten“ statt (Liste der geladenen Expert_innen), über den hier schon an anderer Stelle geschrieben wurde.  Aus der Begründung zum Entwurf stammt auch dieses Zitat:

„Die zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels in Fachkreisen, insbesondere seitens Vertreterinnen und Vertretern von Opferinteressen sowie von Seiten der Strafverfolgungsorgane diskutierten weiteren Vorschläge hätten eine intensive Prüfung und Erörterung erfordert, die das wegen der Fristgebundenheit der Umsetzung der Richtlinie angestrebte Inkrafttreten des Gesetzes in dieser Wahlperiode kaum realisierbar erscheinen lassen.“(S. 5)

Die offizielle Pressemitteilung auf der Webseite des Deutschen Bundestages betont ebenfalls die „einhellige“ Ablehnung des Gesetzesentwurfes durch die Sachverständigen.

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