Ruth: Wie kam es zu Deinem Engagement in der Bewegung gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung?
Jes: Vor vier Jahren habe ich zum ersten Mal von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung (sex trafficking) gehört. Ich hatte an einer Stadtteilversammlung mit einer Freiwilligen-Organisation teilgenommen, wo es einen Vortrag zum internationalen und nationalen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung gab. Während des Vortrags verstand ich zum ersten Mal, dass ich Menschenhandel erfahren hatte und dass der Missbrauch nicht meine Schuld war. Hinzu kam, dass ich genau in dem Hotel, wo die Stadtteilversammlung abgehalten wurde, zwölf Jahre zuvor gehandelt wurde. In diesem Moment wusste ich, dass ich mich melden musste. Ich musste meine Erfahrung mit anderen teilen. Wenn ich selbst nicht das Bewusstsein darüber hatte, was ich erlebt hatte, dann wie viele andere Menschen musste es noch geben, die die gleichen Erfahrungen hatten? So begann meine Suche nach einem tieferen Verständnis der Sprache zur Beschreibung meiner eigenen Erfahrung und danach, wie wir am effektivsten Menschenhandel stoppen können.