Leiharbeit: Mensch zu vermieten!

„Leiharbeit ist ungesetzlich und reduziert Menschen zu persönlichem Besitz.“ So lautet das Urteil von Richter Carles Parker vom obersten Gericht Namibias im Jahr 2009, in dem Leiharbeit in Namibia offiziell unter Strafe gestellt wurde. Begründet wurde dieses Urteil unter anderem damit, dass in einem Leiharbeitsverhältnis die_der Lohnabhängige selbst zu einer Ware deklassiert wird, und deren Verkauf an Dritte somit möglich gemacht wird. (1) Eine solches Urteil muss verwundern, wenn mensch sich die Tendenzen in Bezug auf Leiharbeit und die Vorliebe für diese Art der Lohnarbeit einiger Politiker_innen (2) in Deutschland, dem Land der vielgepriesenen sozialen Marktwirtschaft, betrachtet. (3) Auch scheint bei den meisten Gewerkschaften, wie z. B. der IG-Metall, Leiharbeit grundsätzlich nicht zur Debatte zu stehen, stattdessen wird sich meist nur über die Konditionen gestritten. (4)

Doch was ist Leiharbeit eigentlich? Wie wird sie organisiert?

Leiharbeit ist eine Form von Lohnarbeit im kapitalistischen Produktionsprozess. Sie unterscheidet sich aber von einem „normalen“ Lohnarbeitsverhältnis in Bezug auf die sogenannte doppelte Freiheit der Arbeiter_innen, denn die Wahlmöglichkeit, wem die eigene Arbeitskraft angeboten wird, ist hier nicht vorhanden. Leiharbeit wird auch oft als Zeitarbeit oder als Arbeitnehmer_innenüberlassung bezeichnet. Konkret bedeutet das, dass Arbeiter_innen durch eine Vermittlungsfirma zur Arbeit bei einem dritten Unternehmen, den Entleiher_innen, ausgeliehen werden. Es besteht hier also eine Dreierbeziehung zwischen Arbeiter_in, Verleiher_in und Entleiher_in. Die_der Verleiher_in verlangt von der_dem Entleiher_in Geld für die_den geliehene_n Arbeiter_in. Zwischen Verleiher_in und Entleiher_in wird ein Vertrag, der sog. Personalservicevertrag geschlossen. Angestellt und bezahlt ist die_der Arbeiter_in durch das verleihende Unternehmen. Die Rechte der Leiharbeiter_innen werden zurzeit im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. (5)

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Unfreie freie Arbeit?

„Arbeitsplätze müssen wohl etwas Tolles und Wünschenswertes sein!“. Auf diesen Gedanken könnte mensch zum Beispiel bei der Betrachtung des Berliner Wahlkampfes 2011 verschiedener Parteien um parlamentarische Mehrheit im Abgeordnetenhaus von Berlin und dem damit verbundenen Diskurses kommen. In diesem Wahlkampf wurde unter anderem mit dem Versprechen, neue Arbeitsplätze bzw. Lohnarbeitsverhältnisse, zu schaffen, auf Wähler_innenfang (1) gegangen. (2/3/4) Den Kampf um Arbeitsplätze haben alle etablierten Parteien gemein, ob z.B. NPD, CDU, Grüne oder die Linke, auch wenn die Details diesbezüglich durchaus variieren.

Aus diesem Grund sollte mensch sich die vielgepriesene „freie Arbeit“, also Lohnarbeit, vielleicht ein wenig genauer anzuschauen. Die wohl korrekteste Theorie der Lohnarbeit hat meines Erachtens Karl Marx Mitte des 19. Jahrhunderts formuliert (5). Auch wenn einiges, was er postuliert hat, durchaus kritikwürdig ist, z.B. die historische Abhängigkeit verschiedener Produktionsverhältnisse (6) oder die Frage nach Haupt- und Nebenwiderspruch (7), so erscheint mir die marxsche Analyse des derzeitig hegemonialen Wirtschaftssystems, sprich des kapitalistischen Produktionsverhältnisses, dessen Basis eben die Lohnarbeit ist, durchaus richtig.

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Der richtige Umgang mit Prostitution….

Prostitution ist in Deutschland weiter verbreitet, als mensch vielleicht vermuten könnte. Das Angebot von schätzungsweise 400.000 Prostituierten,  nehmen täglich bis zu 1,5 Mio. Menschen, zum Großteil Männer, in Anspruch. Die jährlichen Umsätze in diesem „Wirtschaftsbereich“ bewegen sich im zweistelligen Milliardenbereich. Die meisten der Prostituierten sind Frauen, rund 90%, 3% Transgender und 7% Männer. (1)

Die hier genannten Zahlen beruhen allerdings auf Schätzungen und Hochrechnungen repräsentativ befragter Personen. Amtliche Statistiken hierfür gibt es zurzeit nicht. Die rot-grüne Bundesregierung reagierte am 20.12.2001 mit dem sogenannten Prostitutionsgesetz auf diese Realität. (2) Das Gesetz wurde verabschiedet, um den Prostituierten eine gewisse Rechtssicherheit zu gewähren und somit indirekt die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern. Damit wurde Prostitution in Deutschland als sozialversicherungs- und lohnsteuerpflichtige Dienstleistung anerkannt. Im Vergleich dazu wurde in Schweden 1999 der Kauf von sexuellen Dienstleistungen, nicht der Verkauf, verboten, was eine direkte Kriminalisierung von Zuhälter_innen (3) wie Freier_innen zur Folge hat, aber auch negativen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Prostituierten hat. (4)

Diskussionen um den „richtigen“ Umgang mit Prostitution werden in den verschiedensten politischen Spektren mit unterschiedlichsten Perspektiven geführt. So sind auch in feministischen Diskussionen um den Umgang mit bzw. die Bewertung  von Prostitution verschiedenste Positionen zu finden.  (5/6)

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Haiti und der Sklav_innenaufstand

Toussaint LouvertureErfährt mensch heute etwas zu Haiti, so sind es meist negative bis katastrophale Nachrichten über das Erdbeben 2010, den andauernden Kampf gegen den Hunger großer Teile der Bevölkerung oder die allgemeine instabile politische Situation und westliche Gegenmaßnahmen. (1/2) Wenig Aufmerksamkeit erhält dagegen die Geschichte des Landes mit dem wohl einzigen „erfolgreichen“ Sklav_innenaufstand in der Geschichte.

1791 begann die haitianische Revolution mit einem Sklav_innenaufstand (3) in der französischen Kolonie Saint-Domingue. Sie führte im Jahr 1804 zur Gründung des Staates Haiti und der Umbenennung St. Domingues in Haiti. Die Revolution war nicht nur auf die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich gerichtet, sondern auch durch grundlegende Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur in Bezug auf Klassenwidersprüche und Rassismus gekennzeichnet.

Die Revolution in Haiti stand im Spannungsfeld mehrerer ineinander verschränkter Konflikte: der Französischen Revolution, dem Streit um die Abschaffung der Sklaverei, innere Konflikte in Saint-Domingue wie auch dem Kampf der Imperialmächte Frankreich, Spanien und England um globalen Einfluss. Ebenso ist hier auch die komplexe Sozialstruktur Saint Dominguez zwischen den sog. „freien Weißen“, den sog. „gens de couleur libres“ wie den Sklav_innen und deren unterschiedliche soziale Stellungen zu nennen.

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