„Was Du sagst, ist rassistisch!“ oder „Du bist Rassist!“ sind schwerwiegende Anschuldigungen. Wer auf diese Weise angesprochen wird, fühlt sich beschimpft, falsch verstanden, vielleicht auch überführt. Der Vorwurf weist darauf hin, dass eine Grenze überschritten wurde. Dennoch passiert es immer wieder, dass wir andere oder auch uns selbst dabei ertappen, Dinge zu denken, zu sagen oder zu fühlen, etwas zu tun oder zu unterlassen, wovon wir selbst wissen oder vermuten, dass es rassistisch sein könnte. In den vergangenen Jahren entwickelte sich ein Gefühl dafür, dass es Rassismus auch im eigenen Alltag und Umfeld gibt, auch wenn nicht immer klar ist, ob es sich in einer konkreten Situation tatsächlich um Rassismus handelt. Im Folgenden wird anhand von Beispielen und mit Bezug zur Fachdebatte[1] definiert, was Rassismus ist, auf welchen Ebenen und in welchen Formen er wirksam wird und in welcher Weise er zum „normalen“ Bestandteil unseres persönlichen und gesellschaftlichen Alltags gehört.
Autor / Redaktion
Kontrolle im Namen des Schutzes: Bekämpfung von Menschenhandel als Vorwand

Häufig sind es andere Interessen, die mit dem Kampf gegen den Menschenhandel durchgesetzt werden können, zB. eine striktere Einwanderungspolitik. Es geht dabei selten um ein „Empowerment“ der ausgebeuteten Menschen. Der Fokus auf die Stärkung der Menschenrechte der Ausgebeuteten ist notwendig um Menschenhandel nachaltig zu bekämpfen. Foto: banspy. Creative Commons LizenzvertragDieses Bild steht unter einer Creative Commons Lizenz.
Autorin: Caroline Ausserer, ursprünglich veröffentlicht auf http://www.gwi-boell.de/ im Dossier: Gleichstellungsprojekt Europa?
Die Narrative
Auf das Thema Menschenhandel machen Politik, Medien oder NROs mit schockierenden Geschichten aufmerksam. Die meisten dieser Erzählungen beginnen mit einer Form der Täuschung oder des Betrugs um die Aufmerksamkeit der Person zu bekommen. Dabei kann es um falsche Versprechungen einer Heirat oder einer lukrativen Arbeit im Ausland gehen. Auf die Täuschung folgt die Reise, die häufig von kriminellen organisierten Gruppen organisiert wird. Am Zielort angekommen, werden die getäuschten Frauen eingesperrt und dazu gezwungen sich zu prostituieren. Elemente wie: Reiseschulden abzahlen, Dokumente abgeben müssen und die Brutalität der kriminellen Banden unterstreichen die Ausweglosigkeit dieser Frauen.
Die Anti-Politik der Bekämpfung des Menschenhandels
Autor: Neil Howard (@NeilPHoward), Stipendiat am European University Institute in Florenz. Dieser Beitrag wurde ursprünglich am 24.01.2014 hier in englischer Sprache veröffentlicht. Es handelt sich um eine überarbeitete Version eines Vortrags, den Neil Howard für die Expert*ngruppe zur Bekämpfung des Menschenhandels des Europarates hielt.
Der Status Quo und der Stand der Dinge
In Europa wie auch anderswo, wird „Menschenhandel“ wohl immer noch so verstanden, dass es um böse, implizit ausländische, männliche Kriminelle geht, die unschuldige Frauen und Kinder kidnappen und versklaven, in der Regel für Sex. Meistens sind die Geschichten, die wir hören, extrem, sie sind die schlimmsten der schlimmsten und vor allem zeigen sie Menschenhandel als eine Art Anomalie – mit anderen Worten, als eine Übertretung aus einer anderen Welt, die sich völlig außerhalb der sonst positiven, normalen Ordnung der Dinge befindet.
Varianten des Sexismus
Autorin: Ina Kerner für bpb.de (7.2.2014)
Dass der Gegenstandsbereich des Sexismus über Vorurteile und Akte der Belästigung hinausgeht, ist alltagssprachlicher Konsens. Laut Duden bezeichnet der Begriff die „(Diskriminierung aufgrund der) Vorstellung, dass eines der beiden Geschlechter dem anderen von Natur aus überlegen sei“.[1] Im aktuellen Brockhaus steht Sexismus sogar für „jede Art der Diskriminierung, Unterdrückung, Verachtung und Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts sowie für die Ideologie, die dem zugrunde liegt“. Sexismus finde sich „in psych. Dispositionen, in Vorurteilen und Weltanschauungen ebenso wie in sozialen, rechtl. und wirtschaftl. Regelungen, schließlich auch in der Form fakt. Gewalttätigkeit und Ausschließung im Verhältnis der Geschlechter und in der Rechtfertigung dieser Gewaltakte und -strukturen durch den Verweis auf eine ‚naturgegebene‘ Geschlechterdifferenz“. Damit habe er neben personalen auch strukturelle beziehungsweise institutionelle Erscheinungsformen. Der Brockhaus informiert ferner über die Entstehung des Begriffs: „Der Begriff S. wurde in den 1960er-Jahren in den USA im Zuge der Formierung einer neuen Frauenbewegung in der Entsprechung zum Begriff Rassismus gebildet. (…) Mit dem Begriff Rassismus teilt S. die krit. Intention, einen gesellschaftl. Missstand zu benennen, seine kulturhistor. bzw. ideolog. Grundlagen bewusst zu machen und auf deren Beseitigung hinzuwirken.“[2]
Vom Horn von Afrika zum Nahen Osten: grenzüberschreitender Menschenhandel mit eritreischen Asylsuchenden
Autorinnen: Laurie Lijnders und Sara Robinson; Übersetzung: Samantha Neu; ursprünglich erschienen im Anti-Trafficking Review antitraffickingreview.org
Abstract

Eritreische Flüchtlinge protestieren in Israel, Tel Aviv; Bild: Karen Zack / Physicians for Human Rights; (CC BY-NC-ND 2.0)
Jeden Monat fliehen Hunderte von Männern, Frauen und Kindern aus Eritrea wegen schwer-wiegender Verletzungen der Menschenrechte, die durch die eritreische Regierung begangen werden. Geschätzte 36.000 Eritreer wurden in den letzten sieben Jahren nach Israel geschmuggelt. Für 31% der für diese Forschungsarbeit Interviewten, beinhaltete die Migration unter anderem Entführung und Erpressung. Migrant/-innen/-innen wurden im östlichen Sudan, an der Grenze zu Eritrea, entführt und entlang der sudanesisch-ägyptischen Grenze an kriminelle Gangs verkauft. Die Gangs hielten die Migrant/-innen gewaltsam in der nördlichen Sinai-Wüste gefangen. Viele der Flüchtlinge berichteten, im östlichen Sudan und in der nördlichen Sinai-Wüste als Geiseln gehalten und brutal behandelt worden zu sein. Hierzu zählen auch Massenvergewaltigungen von Männern und Frauen, Auspeitschungen und zahllose andere Methoden von physischer und psychischer Folter. Obwohl es kein typisches Szenario von Menschenhandel ist, analysiert dieser Bericht das Phänomen in Relation zu Landesgrenzen. Durchorganisierte Menschenhandelsringe nutzten Flüchtlings-wellen aus Eritrea, um das sudanesische Gebiet an der sudanesisch-eritreischen Grenze zu einem Brennpunkt für Entführungen, verschärften Schmuggel und Menschenhandel zu verwandeln. Obwohl das Überqueren der Grenzen um Asyl zu beantragen einen gewissen Schutz vor den Übergriffen der eritreischen Regierung gewähren mag, kommen nun weitere Schwierigkeiten für die Migrant/-innen hinzu, die nun auch noch Schutz und Sicherheit vor den Entführern finden müssen. Während Flüchtlinge Grenzen überqueren müssen um Sicherheit zu finden, schaffen diese Grenzen gleichzeitig geeignete Umstände für Menschenhändler-ringe, um agieren zu können. Wenn sich nicht die Dynamiken der Beteiligten ändern, werden Menschenrechtsverletzungen wie Erpressung, Folter und Menschenhandel im östlichen Sudan und im Sinai weiter voranschreiten.
Thailand: Staatlich gebilligter Menschenhandel mit Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar
Autor: T. Hanke
Im Dezember 2013 veröffentlichten Jason Zsep und Andrew A.C. Marshall von der Nachrichtenagentur Reuters eine Reportage über den Menschenhandel in Thailand, in dem auch Behörden involviert seien. Thailändische Behörden entledigen sich demnach muslimischer Rohingya Flüchtlinge aus Myanmar, indem sie diese an Menschenhändlerringe übergeben bzw. „verkaufen“. Außerdem toleriert Thailand die Existenz geheimer Dschungellager, in denen die verschleppten Menschen zur Erpressung von Lösegeldzahlungen gefangen gehalten, bzw. aus denen heraus sie in die Sklaverei, etwa an Reedereien oder landwirtschaftliche Betriebe, verkauft werden.
Berlin: SPD und CDU gegen Menschenhandelsopfer?
Autor: Simon Kowalewski, MdA Berlin, Mitglied der Piratenfraktion (Homepage)
Bereits am 14. November 2012 (!) haben zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November die Fraktion der Linken, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und meine Fraktion, die Piratenfraktion, gemeinsam einen Entschließungsantrag “Gegen Gewalt an Frauen – Bleiberecht für Opfer von Menschenhandel“ an das Abgeordnetenhaus von Berlin gestellt. Dieser lautet:
Undokumentierte Migrant*innen: Der europäische Diskurs muss sich endlich ändern
Autorin: Eve Geddie (PICUM), ursprünglich veröffentlicht auf Englisch auf Open Democracy (16. Januar 2014) unter dem Titel „Undocumented migrants: Time to change European discourse“

Don’t give us your huddled masses: migrants arriving at Lampedusa. Flickr / Noborder network. CC BY 2.0
2013 war ein weiteres arbeitsintensives Jahr für Migrationskorrespondent*en. Während gegen Ende des Jahres die Angst vor der Migration von EU-Bürger*innen Schlagzeilen machte, blieben die Todesfälle von Migrant*innen an Europas Außengrenze eines der am meisten behandelten Themen. Waren der öffentliche Schock, die Medienberichte und die politischen Versprechen von Solidarität nach den Todesfällen auf See aber tatsächlich Zeichen eines echten Willens, Veränderungen zu bewirken oder wird die Zahl der Toten im Jahr 2014 weiterhin so bleiben?
Wissenschaftlich interessierte Mitstreiter*innen gesucht
Weil immer wieder über Menschenhandel gesprochen wird, weil kaum jemand weiß, welche komplexen Problematiken und Ursachengeflechte dahinterstecken, möchte diese Seite weiterhin und in höherem Maße zu einer wissenschaftlich informierten Auseinandersetzung mit diesem Thema beitragen.
Um dies leisten zu können, ist die Unterstützung von ehrenamtlichen Menschen nötig, die sich gerne den einen oder anderen Bericht genauer anschauen und die zentralen Ergebnisse in einen kurzen Text zusammenfassen oder, sofern erlaubt, aus anderen Sprachen übersetzen. Ziel ist es, in Zukunft vor allem wissenschaftliche Befunde dem deutschen Publikum zur Verfügung zu stellen. Gerade bei zahlenlastigen bzw. statistischen Berichten ist die Fähigkeit zu einem kritischen Umgang mit quantitativen Daten notwendig.
Frauenhandel: Wenn Mütter betroffen sind
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Rundbrief 53 vom November 2013 der FIZ – Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (Zürich) veröffentlicht.
Wenn Opfer von Frauenhandel Mütter sind, stellen sich ihnen finanzielle, psychologische, medizinische, aufenthaltsrechtliche Fragen und Probleme des Opferschutzes. FIZ Makasi-Beraterin Susana Garcia gibt Auskunft über die spezifischen Herausforderungen bei der Begleitung von Frauen mit ihren Kindern.
Fast zwei Drittel der Frauen, die in den letzten Jahren von FIZ-Makasi begleitet wurden, waren schwanger oder hatten Kleinkinder. Welche spezifischen Bedürfnisse haben sie?
Susana Garcia: Alle Opfer von Frauenhandel, die zu uns kommen, sind hochtraumatisiert und brauchen gezielte und sorgfältige Betreuung. Wenn eine Frau schwanger ist oder ein kleines Kind hat, müssen nicht nur die Bedürfnisse einer Person sondern von zwei Personen berücksichtigt werden. Am wichtigsten ist es, schnell zu handeln. Sowohl Mutter als auch Kind brauchen eine adäquate Betreuung in einer sicheren Umgebung, aber es ist viel schwieriger und langwieriger, eine gute Unterkunft für eine Mutter mit Kind zu finden als für eine Frau alleine. Das Aufnahmeprozedere für eine Mutter-und-Kind-Einrichtung dauert länger und es sind mehr Stellen involviert.
Effektiv, human, nachhaltig: Wer von Prostitution redet, darf von Abschiebungen nicht schweigen
Autor: Thomas Schroedter. Dieser Beitrag wurde ursprünglich veröffentlicht in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 589 / 17.12.2013
Die Maßnahmen zur Regulierung der Zuwanderung in die EU werden durch Aufrüstung und eine verbesserte Kommunikation zwischen den Staaten und der Grenzagentur Frontex zunehmend effektiver gestaltet. Scheinbar unabhängig davon werden aktuell in mehreren EU-Ländern Gesetze zur Regelung der Prostitution bis hin zum Verbot verschärft. Dabei stellt die Überwachung der Prostitution eine zusätzliche Maßnahme zur Migrationskontrolle dar.
Dies wird deutlich, wenn wir den Umfang des Anteils an migrantischer Sexarbeit betrachten. Z.B. besitzen in Frankreich 80 Prozent der Sexarbeiterinnen keinen französischen Pass, und in Berlin stellen Polinnen, Russinnen und Ukrainerinnen das größte Kontingent. Wie die Autorin und ehemalige Sexarbeiterin Lilli Brand schreibt, würden diese Frauen ihre Tätigkeit zu Hause »als Job im Sexbusiness begreifen, hier ist es jedoch eher ein Sprungbrett. Und ihr Problem ist dabei nicht die Anerkennung als Prostituierte, sondern Visum, Arbeitserlaubnis, Scheinehemann und so weiter«. (1)
BKA veröffentlicht Bundeslagebild Menschenhandel 2012
Das BKA hat gerade das Bundeslagebild Menschenhandel für 2012 veröffentlicht. Dieses Jahr etwas später als sonst. Vermutlich wollte auch das BKA den Ausgang der Koalitionsverhandlungen abwarten, um schließlich selbst auch in der Pressemitteilung einen Kommentar zur den dort beschlossenen Punkten zum Thema Menschenhandel abzugeben.
Liest man den Bericht und dann die Pressemitteilung fällt auf, dass beide Texte nicht ganz deckungsgleich sind und in der Pressemitteilung einige Aspekte nicht genannt werden. Mit Blick auf das Bundeslagebild selbst, hätte man sich gewünscht, dass auch folgende Informationen genannt würden, die nun leider fehlen und somit weiterhin Gegenstand von Spekulationen sein können:
– Geschlecht
– Aufenthaltsstatus der Betroffenen sowie Tatverdächtigen
– Anzahl abgebrochener Verfahren und Gründe dafür (differenziert nach Herkunftsland der Betroffenen)
– Anzahl von Verdachtsfällen, die durch Razzien ermittelt wurden, die zu einem erfolgreichen Abschlusses der Verfahren führten
– Anzahl von Betroffenen, die weiterhin in Deutschland leben und Anzahle derjenigen, die in ihre Herkunftsländer zurückgebracht wurden
– In wie vielen Fällen kam es zu Entschädigungen bzw. Lohnnachzahlungen? Weiterlesen →
Zur Geschichte der Kinderarbeit in Deutschland und Europa
Autor: Jürgen Bönig für bpb.de
Wenn wir aktuelle Bilder und Schilderungen von Kinderarbeit sehen und hören, fällt uns sofort Kinderarbeit in Europa im 18. und 19. Jahrhundert ein – „Das ist doch wie früher bei uns!“ Konflikte um Kinderarbeit in der Industrialisierung, die Aufdeckung ihrer zerstörenden Wirkungen und die sich lang hinziehende Auseinandersetzung um Einschränkungen und Verbote im 19. Jahrhundert sind Teil des populären historischen Gedächtnisses, obwohl Ausmaß und Wandel der Arbeit von Kindern vor, in und nach der Industrialisierung gar nicht genau untersucht und feststellbar sind.[1]
Maßnahmen gegen Menschenhandel messen? Ein Interview mit Seo-Young Cho
Interview mit Seo-Young Cho, Professorin für Empirische Institutionenökonomie an der Universität Marburg.
Sie haben kürzlich ein Ranking veröffentlicht, in dem sie das Engagement einzelner Staaten im Kampf gegen Menschenhandel bewerten und ranken (technisch heißt das „3P-Index zur Auswertung des Stands der weltweiten politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Menschenhandel“). Wie steht es mit Deutschland?
Im letzten Ranking für das Jahr 2012 erreichte Deutschland eine Gesamtwertung in Höhe von 12 von maximal 15 möglichen Punkten und belegte damit lediglich Platz 41 von insgesamt 188 evaluierten Ländern. Im Einzelnen wurde für Deutschland auf einer Skala von 1 bis 5 im Bereich Opferschutz der Wert 3, im Bereich der strafrechtlichen Verfolgung der Wert 4 und die Maximalwertung von 5 im Bereich der präventiven Maßnahmen gegen Menschenhandel Deutschland gemessen.
Veranstaltung am 9.12 in Berlin “Daten und Fakten zur Prostitution, die vielleicht überraschen“
Veranstaltung 1: 09.12.13 18 Uhr Urania Berlin, Humboldt – Saal
Tickets kann man unter (030) 218 90 91 telefonisch reservieren & an der Abendkasse bezahlen.
“Daten und Fakten zur Prostitution, die vielleicht überraschen”
Vortragende:
Percy MacLean, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht (2002/2003 beurlaubt für das Amt des Direktors des Deutschen Instituts für Menschenrechte)
Christiane Howe, Sozialwissenschaftlerin aus Berlin, Studien Geschlechterverhältnisse im globalisierten Kontext, Prostitution und Menschenhandel, Anwohnerprojekt Straßenstrich Kurfürstenstraße in Berlin
Frauenhandel: Wenn Mütter betroffen sind – Mütter in der Migration
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Rundbrief 53 vom November 2013 der FIZ – Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (Zürich) veröffentlicht.
Fast die Hälfte aller Migrant_innen in der Schweiz sind Frauen. Ob und wieviele von ihnen Kinder haben und mit ihnen eingereist sind, oder ihre Kinder im Herkunftsland zurücklassen mussten, ist statistisch nicht eruierbar. In den letzten drei Jahren waren rund zwei Drittel der von FIZ-Makasi begleiteten Frauen (344 von total 588) Mütter oder schwangere Frauen.
Geschlechtsspezifische Diskriminierung im Herkunftsland – zum Beispiel wenig Arbeits- und Bildungschancen, sexuelle Gewalt oder Ausbeutung, starre Geschlechtsrollen – können mit ein Grund dafür sein, dass Frauen migrieren. Diesen Diskriminierungen entkommen sie durch die Migration aber nicht: So erlaubt das Schweizer Migrationsrecht Frauen aus Drittstaaten die Einreise nur als Ehefrauen, Touristinnen, als Cabaret-Tänzerinnen oder aber als hochqualifizierte Fachkräfte. In der Realität kommt letzteres praktisch nicht vor – Frauen aus Drittstaaten sind als Ehefrauen, als Arbeiterinnen in der Sexindustrie oder illegalisiert in der Schweiz. Frauen aus dem EU-Raum dürfen hier zwar arbeiten, finden in der Regel aber nur in „typisch weiblichen“ Tätigkeiten eine Beschäftigung: im Pflegesektor, in der Hausarbeit oder in der Sexarbeit.
Frauenhandel: Wenn Mütter betroffen sind – Sensibilisierung und adäquates Handeln
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Rundbrief 53 vom November 2013 der FIZ – Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (Zürich) veröffentlicht.
Mütter und schwangere Frauen, die Opfer von Frauenhandel geworden sind, sind in besonderem Masse verletzlich. Diesem Umstand muss Rechnung getragen werden: in Schweizer Gesetzen, aber auch in der Praxis von Bund und Kantonen. Die FIZ fordert mehr Sensibilisierung und Kooperation, gute Lösungen für Unterkünfte, Aufenthaltsbewilligungen für Mütter und Kinder sowie eine vereinheitlichte Praxis, die sicherstellt, dass sowohl Mütter wie Kinder ihr Recht auf Opferhilfemassnahmen wahrnehmen können.
Neuer Amnesty-Bericht: Vorbereitungen zur Fußball-WM 2022 auf Kosten der Menschenrechte
Pressemitteliung von Amnesty International
BERLIN, 15.11.2013 – Viele Bauunternehmen, die in Katar mit den Vorbereitungen der Fußballweltmeisterschaft 2022 beauftragt sind, verletzen systematisch die Rechte von Arbeitsmigranten. Der neue Amnesty-Bericht „The Dark Side of Migration: Spotlight on Qatar’s Construction Sector Ahead of the World Cup“ dokumentiert anhand zahlreicher Beispiele ein alarmierendes Ausmaß an Ausbeutung bis hin zu Zwangsarbeit. „Viele Arbeiter erhalten oft monatelang keinen Lohn und werden trotzdem zur Arbeit gezwungen, indem man ihnen mit einem kompletten Lohnausfall oder der Abschiebung droht“, sagt Regina Spöttl, Katar-Expertin von Amnesty International in Deutschland.
Menschenhandel: Die Spitze der Eisscholle
Immer wieder finden sich Zahlen in den Medien, die ein alarmierend hohes Ausmaß von Menschenhandelsfällen in Europa suggerieren. Im Oktober 2013 wurde wieder anlässlich eines Berichts des EU-Sonderausschusses gegen organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche (CRIM-Kommission) die Zahl von 880 000 Sklavenarbeitern in Europa zitiert. Die Medienberichte bleiben nicht ohne Wirkung. Die Menschen sorgen sich und fordern die Politik zum Handeln gegen den Handel mit Menschen auf.
Eine Szene aus dem Wahlkampf in Deutschland
9. September 2013. Wahlarena. Die Kanzlerin beantwortet im Vorfeld der Bundestagswahlen Fragen von Bürgerinnen und Bürgern. Schlechte Arbeitsbedingungen spielen in vielen Fragen eine Rolle. Die Kanzlerin wird auf Missstände in der Pflege, bei Werkverträgen und in der Leiharbeit aufmerksam gemacht. Dann konstatiert eine Bürgerin, dass Deutschland mittlerweile als „Puff Europas“ genannt werde und dass sehr viel Menschenhandel stattfinde.
„Meine Frage an Sie: Was werden Sie konkret in den nächsten vier Jahren tun, damit Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland endlich abgeschafft – oder ja – abgeschafft wird?“
Studie von Pro Asyl: Völkerrechtswidrige Push Backs – europäische Komplizenschaft
Pressemitteilung von Pro Asyl
Der neue PRO ASYL-Bericht “PUSHED BACK” beleuchtet völkerrechtswidrige Zurückweisungen von Flüchtlingen an der türkisch-griechischen Land- und Seegrenze und stellt die Frage nach der Mitverantwortung der Europäischen Union.
„Zwei kamen mit uns. Zwei maskierte Männer und der Kapitän waren an Bord. Zwei standen am Strand. Sie befestigten eines unserer Boote mit einem Seil und zogen uns zurück ins Meer. Dann löschten sie die Lichter und ließen nur ein Rücklicht an. Sie riefen: „Geht!“ Sie drängten uns zurück auf unser Boot und behandelten uns wie Tiere. Sie verschwanden. Als sie etwa 100 Meter entfernt waren, machten sie ihre Lichter wieder an.“ (A.K.)
„Sie brachten uns bis in die türkischen Gewässer und warfen uns, einen nach dem anderen, auf unser Boot. Einer von uns fiel ins Meer und wir zogen ihn wieder aus dem Wasser. Sie warfen uns weg, als wären wir Abfall. Dann schnitten sie das Seil durch.“ (A.K.N.)
Push Back von Flüchtlingen
Mit Razzien gegen Menschenhandel?
Dieser Text ist eine Übersetzung eines Auszugs aus der Studie „The Use of Raids to Fight Trafficking in Persons“ (Die Verwendung von Razzien im Kampf gegen Menschenhandel). Die Studie wurde von Melissa Ditmore für SWP – Sex Workers Project in New York verfasst. Den vollständigen Bericht (Engl.) können Sie hier herunterladen.
Unscharfe Begriffe: „Razzia“ und „Rettung“
Die Begriffe „Razzia“ und „Rettung/retten“ werden oft verwendet, um Polizeiaktionen gegenüber Prostitution und Menschenhandel zu beschreiben. Während das Wort „Razzia“ impliziert, dass Täter verhaftet und bestraft werden, und das Wort „Rettung/retten“ sich darauf bezieht, dass jemand aus einer gefährlichen Situation geholt wird, werden die beiden oft synonym verwendet und und Unterschiede ausgeblendet. „Gerettete“ Menschen werden oft ähnlich behandelt wie jene, die in Polizeirazzien aufgegriffen werden. In Asien werden Prostitution und Menschenhandel von Polizei und NGOs […] so stark vermischt, dass sich dort der Begriff „Rettungs-Razzien“ verbreitet hat.[1] Jene Akteur_innen, die in diese „Rettungen“/Razzien involviert sind, erkennen auch an, dass deren Abläufe und Ergebnisse oft dieselben sind. Holly Burkhalter, derzeit Vizepräsidentin für Government Relations bei der International Justice Mission (IJM), einer religiösen Organisation, die Razzien in asiatischen Bordellen durchführt, schrieb in der Washington Post vom 8. Dezember 2003: „Es gab ein paar erfolgreiche Rettungen in Indien, Kambodscha und Thailand, bei denen die Polizei Razzien in Bordellen durchgeführt hat und die jüngeren Mädchen in Rehabilitationseinrichtungen gebracht hat. Aber die meisten Razzien in Bordellen haben auch dazu geführt, dass erwachsene Sexarbeiter_innen verhaftet und abgeschoben wurden.“[2]
Vortrag von Ina Hunecke zum Prostitutionsgesetz, seine Hintergründe und Geschichte
Die Rechtswissenschaftlerin Ina Hunecke und Autorin von „Das Prostitutionsgesetz und seine Umsetzung“ hielt am 29.01.2013 einen Vortrag zum Thema „Die Entstehung und Umsetzung des Prostitutionsgesetzes“ an der Universität Kiel. Sie spricht u.a über die Geschichte der Prostitution, das deutsche Prostitutionsgesetz, den Umgang der Medien und zuletzt über das schwedische Modell.
Der Vortrag kann hier als Video gefunden werden.
Zehn Jahre Prostitutionsgesetz und die Kontroverse um die Auswirkungen
Autorinnen: Barbara Kavemann, Elfriede Steffan für bpd.de (19.2.2013)
Am 1. Januar 2002 trat mit dem „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ (Prostitutionsgesetz – ProstG) in Deutschland eine der modernsten und liberalsten Regelungen in Europa in Kraft. Danach ist Prostitution nicht mehr sittenwidrig und Verträge zum Zwecke der Ausübung der Prostitution, beispielsweise bei der Anmietung eines Gewerberaumes oder zwischen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern und Kunden haben auch vor Gericht bestand. Mit Einführung des Gesetzes wurden gleichzeitig einige Paragrafen des Strafgesetzbuches abgeschafft, die zum Beispiel die (Selbst)-Organisation von Prostituierten und die Gestaltung von deren Arbeitsbedingungen betrafen. Andere Strafrechtsnormen wie beispielsweise §181a StGB (Verbot der Zuhälterei) §184e StGB (Verbot der Prostitution an bestimmten Orten oder Tageszeiten) und §184f StGB (Verbot der „Jugendgefährdenden Prostitution“ in der Nähe von Schulen oder im selben Wohnhaus sowie für unter 18-Jährige) sowie das Verbots des „Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung“ (§232 StGB) bleiben bestehen und sind ebenfalls maßgeblich für die gesellschaftliche und rechtliche Behandlung des Themas.
Appell gegen die Ehe
von Anonym
Die heterosexuelle Ehe ist „die älteste Institution der Welt“? Ehe ist „eine Lebensform wie jede andere“? Die Ehe wird es immer geben, denn ihre Abschaffung ist utopisch? Falsch. Auch die Abschaffung der Leibeigenschaft galt vor gar nicht so langer Zeit noch als Utopie. Und auch wenn die Leibeigenschaft aus unserer Welt keineswegs ganz verschwunden ist, so wäre es heutzutage für einen aufgeklärten, demokratischen Staat doch undenkbar, die Leigeigenschaft zu tolerieren oder gar zu propagieren.
EU-Gipfel nach den Katastrophen vor Lampedusa (Pro Asyl)
Presseerklärung von Pro Asyl, 23.10.2013
Betroffenheitserklärungen sind angesichts geplanter Maßnahmen unglaubwürdig
PRO ASYL appelliert: Tödliche Abschottungspolitik beenden
Vor dem morgen beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zeichnet sich ab, dass Regierungen der EU-Staaten auch nach den Katastrophen vor Lampedusa die bisherige Abschottungspolitik weiter perfektionieren wollen. „Vor diesem Hintergrund sind die zu erwartenden Betroffenheitserklärungen absolut unglaubwürdig“, so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.
PRO ASYL appelliert an die Staats- und Regierungschefs der EU, die falsche Weichenstellung der EU-Innenminister zu korrigieren. Diese wollen Frontex weiter ausbauen, die Grenzüberwachung perfektionieren und Transitstaaten wie sogar Herkunftsstaaten in die Abwehr von Flüchtlingen einbinden. Im Entwurf der Abschlusserklärung heißt es, existierende Maßnahmen sollten effektiver genutzt werden, „insbesondere in Hinblick auf Kooperationen mit den Herkunfts- und Transitstaaten, Aktivitäten von Frontex und den Kampf gegen Schleusung und Menschenhandel“.
Frontex: Leben retten oder kontrollieren?
Autor: Frontexit (Originaltitel: „Frontex: Controlling or saving lives?„)
Sechs Tage [inzwischen sind es 16] nach der „Tragödie von Lampedusa“, nachdem die Suche nach den Schiffbrüchigen lange weiterging und die Zahl der geborgenen Leichen täglich stieg, sendete die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, eine irreführende Meldung aus: Die Beschleunigung der Installation von Eurosur und der Einsatz zusätzlicher Ressourcen für eine groß angelegte, von Frontex koordinierte Such-und Rettungsaktion im Mittelmeer, um Boote von Flüchtlingen besser aufzuspüren, seien die Lösung, um Todesfälle auf See zu verhindern.
18. Oktober EU Tag gegen Menschenhandel – Frauenhandel: Prävention und Opferschutz ausbauen
Autor: LEFÖ. Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen (PDF)
„Frauenhandel ist eine Verletzung von Menschen- und Frauenrechten. Das heißt: Im Zentrum aller Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels müssen die Rechte der Betroffenen stehen“, sagt die Leiterin der Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandel (LEFÖ-IBF), Evelyn Probst. Sie ortet weiteren Handlungsbedarf beim Ausbau der Rechte der Betroffenen sowie bei Prävention und Opferschutz.
Forderungen, Sexarbeit zu verbieten, wie sie in letzter Zeit wieder laut geworden sind, sieht LEFÖ kritisch. „Ein Verbot von Sexarbeit ist keine geeignete Maßnahme zur Bekämpfung des Frauenhandels. Das stärkt die Position der Frauen nicht, im Gegenteil, das stigmatisiert und kriminalisiert sie. Außerdem ist Sexarbeit nur ein Arbeitsbereich, in den Frauen gehandelt werden; die Forderung, Sexarbeit zu verbieten, ignoriert die Situation von Frauen, die in der Hausarbeit oder der Landwirtschaft ausgebeutet werden, völlig. Egal, in welchem Arbeitsfeld Frauen ausgebeutet werden – ihnen ist nur geholfen, wenn ihre Rechte gestärkt werden.“
Deutsches Institut für Menschenrechte zu Menschenhandel: Rechte der Betroffenen stärken
Autor: Deutsches Institut für Menschenrechte
Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert den neuen Bundestag und die künftige Bundesregierung auf, zügig einen umfassenden Gesetzentwurf zu Menschenhandel vorzulegen, der die Rechte der Betroffenen stärkt.
„Weder hat Deutschland die EU-Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt, noch die Verpflichtungen aus der Europaratskonvention zur Bekämpfung von Menschenhandel erfüllt. Eine gesetzliche Stärkung der Aufenthalts- und Entschädigungsrechte von Betroffenen ist jetzt dringend erforderlich“, erklärte Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa am Deutschen Institut für Menschenrechte.
„Dabei sollten Betroffene von Menschenhandel einen Aufenthaltstitel unabhängig davon erhalten, ob sie bereit sind, in einem Strafverfahren gegen die Täter mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren; zumindest aber diejenigen Betroffenen, die als Zeuginnen ausgesagt haben, sowie minderjährige Betroffene und diejenigen, die ihre eigenen Rechtsansprüche auf Lohn und Schadenersatz in Deutschland durchsetzen wollen“, so Follmar-Otto weiter. „Auch muss allen Betroffenen ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz eingeräumt werden.“
Datenschutz, Menschenrechte und die Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels: eine Herausforderung im digitalen Zeitalter
Autor: Thilo Weichert
Kommentar der Redaktion: Dieser Vortrag wurde am 25. September 2013 auf der Konferenz des datACT-Projektes „Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung für marginalisierte Gruppen: eine neue Herausforderung in der Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels“ in Berlin gehalten, die vom KOK e.V. und La Strada International organisiert wurden. Auf der Konferenz des Projekts datACT befassten sich NGOs und Datenschutz-AktivistInnen mit der Frage des Datenschutzes im Bereich der Bekämpfung und Prävention von Menschenhandel. Ein Beitrag von Sonja Dolinsek und Silvia Oitner über die Konferenz ist auch auf netzpolitik.org erschienen.
Als ich gefragt wurde, ob ich mich an der heutigen Konferenz aktiv beteiligen würde, habe ich spontan zugesagt, da das Thema „Datenschutz bei der Bekämpfung von Menschenhandel“ äußerst spannend klang. Mir war klar, dass eine direkte Beziehung zu einem Thema besteht, mit dem ich mich in der Vergangenheit über Jahre hinweg intensiv beschäftigt habe: das Thema des Datenschutzes für Ausländerinnen und Ausländer, insbesondere auch für Asylsuchende, in Deutschland.
Als ich mich mit diesem neuen Thema näher befasste, wurde mir schnell klar, dass hier viele unbeantwortete Fragen auf Antworten warten und dass eine Vielzahl bestehender Konfliktlagen normativ und empirisch intensiv untersucht werden müssen. Für die offensichtlich bestehenden grundsätzlichen Konflikte gibt es zudem keine oder zumindest keine befriedigenden Lösungen. Insofern war und bin ich neugierig auf die Ergebnisse der Studie datACT, also der Untersuchung über „data protection in anti-trafficking action“.
Menschenschmuggel ist eine Reaktion auf Grenzkontrollen, nicht die Ursache der Migration
Autor: Hein de Haas; Urpsrünglich erschienen unter dem Titel „Smuggling is a reaction to border controls, not the cause of migration„)
Die Katastrophe des Untergangs eines Bootes am 3. Oktober vor der Küste von Lampedusa, die Hunderten von Flüchtlingen und Migranten das Leben kostete, hat bei Regierungen und internationalen Organisationen bereits zu Forderungen nach einem härteren „Durchgreifen gegen Schmuggel“ geführt. Im vergangenen Jahrzehnt war dies die übliche Reaktion, wenn solche Tragödien an den südlichen Küsten Europas geschahen.
Allerdings dreht eine solche Argumentation die Kausalität der Dinge auf den Kopf. Es sind die Grenzkontrollen, die Migranten gezwungen haben, gefährlichere Routen zu nehmen und die sie immer mehr von Schmugglern abhängig machten, um die Grenzen zu überqueren. Schmuggel ist mehr eine Reaktion auf Grenzkontrollen, als eine Ursache der Migration an sich. Ironischerweise werden weitere Verschärfungen der Grenzkontrollen Migranten und Flüchtlinge dazu zwingen, noch mehr Risiken einzugehen und sie werden ihre Abhängigkeit von Schmugglern nur erhöhen.
Manifest der SexarbeiterInnen in Europa (2005)
Migration spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu begegnen. Wir fordern unsere Regierungen dazu auf, die grundlegenden Menschen- Arbeits und Bürgerrechte für MigrantInnen anzuerkennen und zur Anwendung zu bringen.
Menschenhandel und legale Prostitution: Ein Interview mit Axel Dreher (Uni Heidelberg)
Anmerkungen der Redaktion: Axel Dreher, Professor für Internationale Wirtschafts- und Entwicklungspolitik an der Universität Heidelberg, ist Mitautor einer viel zitierten Studie über den (theoretischen) Zusammenhang zwischen legaler Prostitution und Menschenhandel „Does Legalized Prostitution Increase Human Trafficking?“. Über diese Studie gibt es auch auf „menschenhandel heute“ zwei kritische Beiträge jeweils von mir und von LEFÖ, Wien Ein kritischer Beitrag ist auch auf Forbes erschienen.
Die Studie von Axel Dreher & Co. wird gerne zitiert, um das Scheitern des deutschen Prostitutionsgesetzes zu verkünden oder, im Ausland, um gegen eine Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Prostitution zu argumentieren. Auch entsteht der Eindruck, dass in den deutschen Medien die Studie eingesetzt wird, um insbesondere die SPD und Bündnis90/Die Grünen für die empirisch nicht belegbare Zunahme des Menschenhandels verantwortlich zu machen, obwohl damals die CDU ein umfassenderes Prostitutionsgesetz blockierte, wodurch viele Schwächen von vornherein vermieden hätten werden können.
Vor diesem Hintergrund habe ich mich dazu entschlossen, Prof. Axel Dreher für ein Interview anzufragen. Schließlich ist die oben genannte Studie differenzierter als die schockierende Meldung, die es in die Medien schafft. Auch habe ich mich gefragt, ob Herr Dreher nicht vielleicht auch mehr zu sagen hat, als „legale Prostitution fördert Menschenhandel“. Ich hoffe, dass dieses (schriftlich geführte) Interview dazu beiträgt, einige Ansichten von Herrn Dreher der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Antworten von Herrn Dreher werden vollständig und unverändert veröffentlicht. Die Fragen wurden von Sonja Dolinsek gestellt.
Zum medialen Umgang mit dem Thema Menschenhandel im Jahr 2013 – ein kritischer Zwischenruf
Autorin: Dorothea Czarnecki, KOK e.V.
Mitarbeit: Jennifer Pross
Der bundesweite Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess – KOK e.V. setzt sich für Betroffene von Menschenhandel und für gewaltbetroffene Migrantinnen ein. Der KOK e.V. bildet nicht nur bundes‐, sondern auch europaweit die einzige Koordinierungsstelle mit diesem Fokus und vernetzt erfolgreich alle in diesem Bereich tätigen deutschen NGOs.
1987 von Fachberatungsstellen gegründet, die Betroffene von Menschenhandel unter‐stützen, und 1999 als Verein eingetragen, vereint der KOK e.V. heute 37 Mitgliedsorganisationen unter seinem Dach. Im KOK sind dabei neben den in Deutschland arbeitenden spezialisierten Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel auch andere Organisationen, die sich mit diesem Themenbereich auseinandersetzen, vertreten. Dies sind u.a. Frauenberatungsstellen, Migrantinnen‐Projekte, Frauenhäuser, Prostituiertenberatungsstellen und Wohlfahrtsverbände. Gemeinsames Ziel ist es, für wirksame Verbesserungen der bestehenden Verhältnisse im Bereich von Menschenrechtsverletzungen einzutreten, wie zum Beispiel für einen würdigen Umgang mit den Betroffenen.
Hochs und Tiefs des medialen Interesses
Inwieweit Personen, die dem Menschenhandel zum Opfer gefallen sind, von der Gesellschaft und den Behörden Respekt und Achtung entgegengebracht wird, hängt nicht unerheblich davon ab, wie Presse und Medien über das Thema berichten. Menschenhandel und Ausbeutung stellten lange Zeit keine Themen dar, die bei der Presse auf großes Interesse stießen. Noch 2009 bemerkte Hestermann, Menschenhandel geschehe im Schatten medialer Aufmerksamkeit (1). Lediglich Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft 2006 holten das Thema kurzzeitig ans Tageslicht. Doch nach einer medial inszenierten Drohkulisse (2), die vorwiegend auf die Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch irreguläre Migration abzielte, verschwand der Menschenhandel größtenteils wieder aus der Presse. Was blieb, sind die medial vermittelten und gesellschaftlich verbreiteten Opferbilder von „Zwangsprostituierten“, gegen die sich der KOK e.V. alsFachverband an dieser Stelle kritisch äußern möchte.
Sondernutzungsgebühr für „Lustmobile“? (Gastbeitrag)
Anmerkung der Redaktion: Seit einigen Monaten wird zunehmend über die Besteuerung von sogenannten „Lustmobilen“, also von Prostitution in Wohnwagen, gesprochen. Besonders intensiv wird aktuell in Koblenz darüber debattiert. Dabei geraten Themen und Argumente oft durcheinander. So wird diese Besteuerung auch mit Verweis auf die Bekämpfung des Menschenhandels gerechtfertigt – eine Verknüpfung, die fragwürdig und empirisch nicht fundiert ist.
Vor diesem Hintergrund veröffentlichen wir die kritische Stellungnahme der in Koblenz vor Ort tätigen Beratungsstelle für Prostituierte ‚Roxanne‘. Die Stellungnahme kann auch auf der Homepage von Roxanne abgerufen werden.
Stellungnahme zum aktuellen Geschehen in Koblenz
In den vergangenen Wochen ist das Thema „Prostitution“ immer wieder in der Koblenzer Medienlandschaft aufgegriffen worden und eine entsprechende Diskussion ist augenscheinlich in Bewegung gekommen.
Mit Bedauern stellt die Koblenzer Prostituiertenberatungsstelle ROXANNE allerdings fest, dass – wie so oft – Begriffe wie Menschenhandel, Kriminalität und Zwangsprostitution mit der Sexarbeit synonym gesetzt werden. Weiterlesen →
Motive der männlichen Nachfrage nach käuflichem Sex (crossposted)
Autor: Udo Gerheim für bpb.de (19.2.2013)
In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit der Frage, aus welchen empirisch bestimmbaren Gründen, heterosexuelle Männer käuflichen Sex nachfragen. Trotz unzureichender Datenlage vertrete ich die These, dass nur ein geringer Teil der bundesrepublikanischen Männer Prostitutionssex dauerhaft nachfragt. Die Gründe hierfür können aus der hybriden und „zerrissenen“ Struktur des Prostitutionsfeldes abgeleitet werden, die zum einen Zugänge zur Prostitution rechtfertigt, zum anderen aber die Nachfragepraxis mit delegitimierender Ambivalenz belegt. Dieser Artikel wird einige dieser Aspekte näher beleuchten und im Schwerpunkt ergründen, welche spezifische Anziehungskraft Prostitution auf die männliche Nachfrageseite ausübt, wie sich der individuelle Weg in dieses Feld hinein im Konkreten gestaltet und wie sich die dortigen Machtverhältnisse darstellen.[1]
Besuch von Frau Lee in Deutschland: Eine der letzten überlebenden „Trostfrauen“
Pressemitteilung des Koreaverbandes e.V. (PDF)
Besuch von Frau Lee: Eine der letzten überlebenden „Trostfrauen“ in Deutschland
„Ich möchte, dass jeder weiß, welches Schicksal wir als „Trostfrauen“ erleiden mussten. Diese schrecklichen Erlebnisse tragen wir bis heute in uns. Die Geschichte des „Trostfrauen-Systems“ darf sich nicht wiederholen“, so die 86-Jährige. LEE Ok-Seon gehört zu den ca. 200.000 ehemaligen sogenannten „Trostfrauen“, die während des Asien-Pazifik-Krieges (1937-45) vom japanischen Militär verschleppt und zur Sexsklaverei gezwungen wurden.
Der Korea-Verband Berlin lädt vom 29. August bis 08. September 2013, die 86-jährige Süd-Koreanerin Lee Ok-Seon ein, zur geschichtlichen Aufarbeitung und zur Verhinderung des Kriegsverbrechens der militärischen sexuellen Versklavung in fünf deutschen Städten zu sprechen sowie auf aktuelle Situationen hinzuweisen. Zu den Veranstaltungen sprechen neben der Zeitzeugin Expert_innen aus Wissenschaft, Politik, Kirche und Menschenrechtsorganisationen.
Soll man die „Zigeunersoße“ umbenennen? – Gründe die dafür sprechen. Eine Artikelsammlung
Hier ein paar Hintegrundartikel zum Thema Diskriminierung, Ausgrenzung und Stigmatisierung von Sinti und Roma. Aus Zeitgründen, kann es kein Artikel werden.
Interview zum Holocaust-Gedenktag „Zigeuner ist eine Beleidigung“
Neonazis stürmen Wohnviertel, um Roma zu lynchen
NS-Verfolgung von „Zigeunern“ und „Wiedergutmachung“ nach 1945
Geschichte der Vlach-Roma (und ihrer Versklavung)
Europa erfindet die Zigeuner, um sie zu verachten
Wikipedia-Artikel zum Thema „Antiziganismus“
Gutachten zu Antiziganismus. Hartnäckig ignoriert
Für weitere Links sind wir dankbar.
Der Weg zu einem besseren Leben: Eine alternative Perspektive auf Menschenhandel (Gastbeitrag)
Autor: Christian Groes-Green (Anthropologe und assistant professor an der Roskilde Universitet in Dänemark)
Mosambik zählt zum Hauptkorridor des Menschenhandels in die Rotlichtviertel Südafrikas. Dort träumen arme junge Frauen davon, in ein reiches Land zu ziehen, wo sie in der Lage sind, für sich und ihre Angehörigen zu sorgen. Maria, eine 21 Jahre junge Frau, erzählte mir: ‚Wenn ich nur nach Amerika oder Europa kommen könnte, würde meine Familie nicht mehr leiden, und ich konnte mich um sie kümmern.“ Als ich eine großangelegte ethnographische Studien unter jungen Frauen in der seit 2007 mosambikanischen Hauptstadt Maputo durchführte, begann ich zu verstehen, warum viele Frauen innerhalb der sexuellen Ökonomien Afrikas migrierten, um das Wohlergehen ihrer Familien sicherzustellen und warum einige von ihnen hoffen, letztendlich in einem westlichen Land zu landen, trotz der damit verbundenen Risiken (Adepujo 2003; Cole 2004; Hunter 2007). Der erste Schritt der Reise der jungen mosambikanischen Frauen führt in die Hauptstadt Maputo oder in südafrikanische Städte, wo sie durch transaktionalen Sex mit sogenannten „sugar-daddies“, als erotische Tänzerinnen in Sexclubs oder in Bordellen versuchen ein Einkommen zu erwirtschaften (Groes-Green 2011). Aber im Versuch nach Europa, den USA oder in die Finanzzentren Südafrikas zu kommen riskieren sie, in die Fänge von Schleusern oder Menschenhändlern zu geraten, die jeweils für den Transport unter sehr unsicheren Umständen sorgen oder sie in der Sexindustrie ausbeuten (UNESCO 2006).
Sex sells: „Spitzenhöschen“ zur Illustration eines Artikels über „Menschenhandel“?
Das wochenblatt.de hat gestern einen Artikel über sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel von Minderjährigen mit diesem Bild illustriert. Man fragt sich, ob das wochenblatt.de der Ansicht ist, das sexuelle Ausbeutung, sexueller Mißbrauch und Menschenhandel „sexy“ sind. Wie sonst kann man sich erklären, dass so ein Bild verwendet wird?! Wobei, man muss sich das nicht fragen. Es ist einfach abartig, unethisch und respektlos gegenüber den jungen Frauen, dass so ein Bild eingesetzt wurde.
Um das Bild zu sehen klicken Sie auf Weiterlesen →
Interview mit Aidan McQuade, Direktor von Anti-Slavery International (englisch)
Abramo, C.W., & Madej, J. (2013): A Thing of the Present: Contemporary Challenges in Battling Slavery and Human Trafficking. An Interview with Dr Aidan McQuade; Director of Anti-Slavery International, in: Merkourios : Utrecht Journal of International and European Law, vol. 29, iss. 77, pp. 76 – 80.
In an increasingly globalized society, many individuals travel outside of their home countries to find employment–what are the greatest challenges to ensuring that states respect the rights and particular vulnerabilities of migrant workers?How are these challenges particular to the vulnerabilities of female migrant workers?
There are a number of vulnerabilities for migrant workers. First there are limited options for safe migration and these options are even more limited for poor people from socially excluded communities. Second many countries maintain rather xenophobic migration regimes. These can be exploited by unscrupulous employers to exclude migrants from the basic protections of rule of law. Third many poor countries don’t take the welfare of their migrating citizens seriously and don’t, for example, assign labour attaches to the embassies of countries to which their citizens travel for work, to assist with standing up for their rights.
„Kinderprostitution“ und „Zwangsprostitution“: Eine kleine Medienkritik
Gestern wurde eine Sendung zum Thema „Zwangsprostitution“ und „Kinderprostitution“ (Verkaufte Seelen) im Ersten ausgestrahlt. Der dort zitierte Photograph hat als Einziger die richtige Wortwahl getroffen: Was sich da abspielt, ist „gewerbliche Massenvergewaltigung“.
Dazu haben wir zwei Kommentare, die sich auf alle Dokus, Artikel und Berichte, die diese Begriffe verwenden, anwenden lassen:
Kinderprostitution: Der Begriff „Prostitution“ ist bei Kindern völlig fehl am Platz. Eigentlich ist es gewerbliche Massenvergewaltigung bzw. gewerblicher sexueller Missbrauch (von Minderjährigen). (Tweet zum Re-tweeten)
Zwangsprostitution: Wer nie in die Prostitution wollte, „prostituiert sich“ nicht sondern wird zu gewerblichen Zwecken massenvergewaltigt. (Tweet zum Re-tweeten)
Zu sagen, dass ein junges Mädchen oder ein Kind dazu gezwungen wurde „sich zu prostituieren“, verschiebt den Blick wieder auf das Mädchen, das sich selbst etwas antut, nämlich sich zu prostituieren. Das Verb ist reflexiv und die Verantwortung für die Tat wird sprachlich vollständig auf das „Opfer“ abgewälzt. Somit wird victim blaming gefördert: Letztendlich wird sprachlich auch die Schuld auf das Mädchen, den Jungen, die Frau, die „Hure“ geschoben.
„Prostitution“ bzw. „Sexarbeit“ ist ein Begriff der per se Freiwilligkeit sowie die Vorstellung, dass „sexuelle Dienstleistungen“ angeboten als Form der Erwerbstätigkeit angeboten werden, beinhaltet. In den beiden oben genannten Fällen, ist der Sex nicht freiwillig.
Unfreiwilligen Sex nennt man in der deutschen Sprache „Vergewaltigung“. Eine Vergewaltigung ist keine „sexuelle Dienstleistung“. Also: Die Verwendung der Begriffe „Zwangsprostitution“, „Kinderprostitution“ sowie „Kinderpornographie“ ist völlig fehl am Platz.
Das alles erfordert eine tiefergehende Auseinandersetzung. Aber erstmal kann sich jede_r Gedanken darüber machen, wie die Art, wie wir über „gewerbliche Massenvergewaltigung“ von Kindern, Frauen und Männern sprechen – nämlich als „sexuelle Dienstleistung“, unser Bild und unsere Politik zu diesem Thema prägt. Kein Wunder, dass der Opferschutz immer noch unzureichend ist.
Kommentare, die zu einer konstruktiven Kritik und Weiterentwicklung dieses Ansatzes beitragen, sind ausdrücklich erwünscht.
Asylsuchende immer häufiger schon bei Einreise inhaftiert
Der Anteil von Asylsuchenden in Abschiebungshaft wird immer größer. Das zeigt eine vom Diakonischen Werk in Hessen und Nassau und PRO ASYL durchgeführte bundesweite Recherche zur Situation in Abschiebungshaft in Deutschland.
„In Deutschland werden Asylbewerber grundsätzlich nicht in Haft genommen“, behauptete Bundesinnenminister Friedrich anlässlich der Verabschiedung der neuen EU-Asyl-Regelungen Anfang Juni. Das wäre schön, doch die Realität sieht anders aus. Denn obwohl die Zahl der Abschiebungshäftlinge insgesamt zurückgeht, steigt unter ihnen der Anteil von Menschen, die eben erst als Asylsuchende eingereist sind.
Prostituierte zu ihrem Schutz verhaften: Das Augsburger Modell und seine Heuchelei
Noch vor einem Monat argumentierte auf Twitter Volker Ullrich („Berufsmäßiger Stadtrat und Ordnungsreferent der Stadt Augsburg – CSU-Kandidat für den Deutschen Bundestag im Wahlkreis Augsburg-Stadt“, wie es auf Twitter heißt), dass das Augsburger Verbot der Straßenprostitution der erster „richtige“ Schritt gewesen sei. Daraufhin betonte er:
„in Augbsurg wurde zum Schutz der Frauen die Strassenprostitution verboten. Jetzt ist der BT gefragt!“ (vollständige Unterhaltung auf Twitter)
Heute, am 19. Juli berichtet die Ausgburger Allgemeine über die Inhaftierung von drei bulgarischen Prostituierten (im Alter von jeweils 18, 19 und 25 Jahren), weil sie wiederholt auf der Straße gearbeitet hatten. Die Augsburger Allgemeine schreibt, dass die Frauen trotz „Belehrung“ gegen das Verbot verstoßen hätten. Kritisch hinterfragt wird weder das Gesetz noch der Sinn der Inhaftierung.
Skandal im Sperrbezirk
von Anja Herberth
Eine internationale Vergleichsstudie nimmt die Prostitutionspolitik in den Niederlanden, Österreich und am Rande Schweden und ihre Folgen genauer unter die Lupe: Welchen Wirkungsgrad haben bestimmte politische Maßnahmen – mit welchem Effekt auf SexarbeiterInnen? Und haben ähnliche Maßnahmen in den verschiedenen Ländern auch einen vergleichbaren Effekt?
Die Städte Den Haag, Utrecht und Rotterdam initiierten aus diesen Fragestellungen ein Projekt, die Zusammenarbeit mit Österreich bot sich an: „Auf Grund des ähnlichen Systems und den Legalisierungstendenzen in beiden Ländern wurde Österreich als Vergleichsland herangezogen“, erklärt die Wiener Sozialwissenschafterin Helga Amesberger vom Institut für Konfliktforschung, die in Österreich die Forschungen leitete.
19. Juli 2013: Internationaler Protesttag gegen Gewalt und Morde an Sexarbeiter_innen
Vergangene Woche erschütterten zwei Morde an Sexarbeiterinnen in Schweden und in der Türkei Sexarbeiter_innen auf der ganzen Welt. Dadurch wird nun eine erneute Debatte über Gewalt gegen Sexarbeiter_innen und über die Stigmatisierung und Diskriminierung von Sexarbeiterinnen angeregt. Dabei geht es nicht nur um Schweden und die Türkei sondern um die prekäre rechtliche und gesellschaftliche Situation von Sexarbeiter_innen weltweit.
Eve Marie, oder Jasmine Petite, wie sie sich als Sexarbeiterin nannte, eine schwedische Sexarbeiterin, Sexarbeit-Aktivistin und Board Member der schwedischen Sex Workers‘ Rights Organisation Rose Alliance, wurde vor einigen Tagen von ihrem Ex-Ehemann brutal umgebracht. Sie lag im jahrelangen Streit um das Sorgerecht mit ihm über die gemeinsamen Kinder. Das Sorgerecht wurde durch die Behörden dem gewalttätigen Ehemann zugesprochen, da sie als Sexarbeiterin als nicht geeignet galt. Obwohl sie wiederholt versucht haben soll, Anzeige wegen häuslicher Gewalt und Übergriffen gegen ihn zu erstatten, habe man ihre Hilferufe ignoriert – sie sei ja schließlich eine Sexarbeiterin. Weiterlesen →
Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung führender Mitglieder einer Zuhälterbande im Verfahren um sogenannte „Flatrate-Bordelle“
Pressemitteilung des Bundesgerichtshof (BGH)
Das Landgericht Stuttgart hat die Angeklagten wegen vielfachen gewerbs- und bandenmäßig begangenen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§ 232 StGB*) und damit zusammenhängender weiterer Delikte (Zuhälterei, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Millionenhöhe hat das Gericht wegen vorrangiger Ansprüche geschädigter Sozialversicherungsträger abgesehen. Weiterlesen →
Amnesty International: Griechische Küstenwache setzt das Leben von Flüchtlingen aufs Spiel
Laut einem neuen Amnesty Bericht sind im vergangenen Jahr über 100 Menschen auf dem Weg nach Griechenland ertrunken. Die EU sei mitverantwortlich.
BERLIN/ATHEN, 09.07.2013 – Die griechische Küstenwache macht Flüchtlingsboote manövrierunfähig und schiebt sie in türkische Gewässer zurück. Sie setzt damit das Leben von Männern, Frauen und Kindern aus Ländern wie Syrien und Afghanistan aufs Spiel, das stellt ein heute vorgestellter Amnesty-Bericht fest. Über 100 Menschen sind seit August 2012 ertrunken als sie versuchten, Griechenland zu erreichen.
Klischees demontieren. Frauenhandel in den Medien
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Rundbrief 52 vom Mai 2013 der FIZ – Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (Zürich) veröffentlicht. Der ursprüngliche Titel lautet lediglich „Klischees demontieren“.
Doro Winkler hat die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der FIZ seit 1998 entscheidend geprägt. Professionell, kompetent und politisch sensibel ist sie heute das Gesicht der FIZ in der Öffentlichkeit. Ende April verlässt sie die FIZ. Anlass für ein Interview von FIZ-Geschäftsführerin Susanne Seytter mit Doro Winkler über die Medienarbeit der FIZ.
Susanne Seytter: Doro, du hast die Aufgabe, ein breites Publikum für FIZ-Themen zu interessieren. Gleichzeitig hat die FIZ auch den Auftrag, Opfer von Frauenhandel vor dem Rampenlicht zu schützen. Gegensätzliche Aufgaben?
Menschenhandel: Nochmal schnell Scheitern am Ende der Legislatur – Ein Kommentar
Gestern fand im Rechstsausschuss des Bundestages eine öffentlichen Anhörung zum Entwurf „eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten“ statt (Liste der geladenen Expert_innen), über den hier schon an anderer Stelle geschrieben wurde. Aus der Begründung zum Entwurf stammt auch dieses Zitat:
„Die zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels in Fachkreisen, insbesondere seitens Vertreterinnen und Vertretern von Opferinteressen sowie von Seiten der Strafverfolgungsorgane diskutierten weiteren Vorschläge hätten eine intensive Prüfung und Erörterung erfordert, die das wegen der Fristgebundenheit der Umsetzung der Richtlinie angestrebte Inkrafttreten des Gesetzes in dieser Wahlperiode kaum realisierbar erscheinen lassen.“(S. 5)
Die offizielle Pressemitteilung auf der Webseite des Deutschen Bundestages betont ebenfalls die „einhellige“ Ablehnung des Gesetzesentwurfes durch die Sachverständigen.
TIP – Trafficking in Persons Report 2013: Menschenhandel in Deutschland
Nachfolgend veröffentlichen wir den vom Büro zur Überwachung und Bekämpfung von Menschenhandel im US-Außenministerium herausgegebenen Teil der Länderberichte 2012 über die Bundesrepublik Deutschland vom 19. Juni 2013.
Dieser Text wurde ursprünglich auf der Webseite der US-Amerikanischen Botschaft veröffentlicht und wird hier unverändert übernommen.
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